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Landesgeschichte Landesgeschichte: Adels Rückkehr nach Mitteldeutschland

Von Katrin Löwe 13.04.2013, 19:36
Der Blankenburger Löwe
Der Blankenburger Löwe DPA Lizenz

Halle/MZ - Rund 20 Prozent der nach dem Zweiten Weltkrieg enteigneten mitteldeutschen Adelsfamilien haben mit der deutschen Wiedervereinigung die Chance zur Rückkehr in ihre alte Heimat genutzt. Das schätzt der in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen aktive Verband „Der Sächsische Adel“ für seine Mitglieder. Anfangs habe es noch gewisse Ressentiments gegenüber den Rückkehrern gegeben, sagt dessen Vorsitzender Wolf von Watzdorf. „Heute sind sie in ihren Bereichen anerkannt.“

In vielen Fällen hat sich der historische Adel als Wiedereinrichter mit Landwirtschaft niedergelassen, zum Teil alte Immobilien erworben, kulturell wie sozial engagiert. Trotz mancher Probleme - der Rückkauf von Land sei oft schwer gewesen: „Unsere Mitglieder bereuen diesen Schritt nicht“, so von Watzdorf. Viele hätten nach dem Kauf ihres ehemaligen Besitzes in Sachsen-Anhalt investiert und Arbeitsplätze geschaffen, sagt Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). „Das begrüße ich sehr.“ Schließlich habe der Adel die Region über Jahrhunderte geprägt.

„Junkerland in Bauernhand“ - unter dieses Motto fielen in Sachsen-Anhalt während der Bodenreform 1945/46 neben Land auch mehr als 2200 Schlösser und Herrenhäuser. Im Gegensatz zu beweglichem Vermögen wie Bildern, Büchern, Möbeln oder ganzen Schlossinventaren gab es für Immobilien und Grundstücke nach der Wende keinen Rückgabeanspruch. Die einstigen Besitzer konnten nur zurückkaufen.

Nach Angaben der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) wurden seit 1996 rund 9500 Hektar Ackerfläche und 39000 Hektar Wald zu vergünstigten Preisen an Alteigentümer veräußert, darunter Adlige, aber auch andere Betroffene der damaligen Bodenreform. Für weitere 7100 Hektar Acker gibt es laut BVVG Anträge - insgesamt handelt es sich bei den Rückverkäufen nur um gut zwei Prozent der Landesfläche.

Ein Ende ist auch bei der Restitution von Kunst und Kulturgütern noch nicht in Sicht. Bislang ist laut Landesverwaltungsamt für rund 75 Prozent der Vermögenswerte eine Rückgabe geklärt. Die Behörde forscht nach dem beweglichen Vermögen von knapp 350 Familien, die damals enteignet wurden. Rund die Hälfte davon sind Adlige. Die Suche nach deren Besitz werde „schwieriger, je mehr Zeit vergeht“, sagt Steffi Albrecht, Referatsleiterin Vermögensrecht.

Zwar mussten oder müssen durch die Rückgabe Museen oder Bibliotheken auf manches Stück verzichten - Ende 2014 endet auch die Frist, nach der öffentliche Stellen die Werke kostenlos nutzen und zeigen können. Der Adel leiste aber teilweise weiter einen Beitrag zur Kulturgeschichte Sachsen-Anhalts, heißt es: Das Landeshauptarchiv etwa hat inzwischen mit 45 Familien Verträge, nach denen deren Archive im Land und öffentlich nutzbar bleiben. Sachsen-Anhalt hat eine der größten Adelsarchivsammlungen Deutschlands.

Auch Museen oder Bibliotheken verhandeln mit Eigentümern. Die von Alvenslebensche Renaissance-Bibliothek wird so heute auf Schloss Hundisburg gezeigt. Der Blankenburger Löwe blieb 2012 dank eines Leihvertrages mit dem Haus Hannover in Blankenburg.