Der Bitterfelder Weg Ulbrichts Idee der Kunst von unten
Der DDR-Staatschef propagierte einst den Bitterfelder Weg. Die Ergebnisse waren besser als der Ruf der Kampagne.
Bitterfeld. - Der sogenannte Bitterfelder Weg ging ursprünglich auf eine Autorenkonferenz des Mitteldeutschen Verlages im Jahr 1959 in Bitterfeld zurück. Ein Hauptpunkt war, dass vorrangig Arbeiter in ihrer Freizeit unter Anleitung von Berufskünstlern selbst kreativ tätig werden sollten. So wollte man auch die „vorhandene Trennung von Kunst und Leben“ und die „Entfremdung zwischen Künstler und Volk“ überwinden.
Diese Tatsache, die auch in der westlichen Kunstszene durchaus festzustellen ist, hatte also einen realistischen Hintergrund. Dazu kamen allerdings die üblichen Auflagen von Propaganda und Ideologie, die wohl im Wesentlichen auf Staats- und SED-Parteichef Walter Ulbricht zurückgingen.
Da es unrealistisch war, dass künstlerisch interessierte Arbeiter einfach so qualitativ anspruchsvolle Kunst erschaffen würden, entstanden in mehreren Wellen „Zirkel“. Dort wurde durch Profis schriftstellerisches Schreiben, Malerei, Bildhauerei, Grafik oder Musik und Tanz gelehrt. Die Ergebnisse waren besser als vielfach behauptet. Zirkel- und Kursteilnehmer traten bald auch verstärkt bei den Arbeiterfestspielen auf, die es ab 1959 gab.
1964 wurde zur 2. Bitterfelder Konferenz im Kulturpalast Bitterfeld die staatliche Strategie noch einmal nachgeschärft. Jetzt ging es um die „Bildung des sozialistischen Bewusstseins und der Persönlichkeit“ durch Kunst und Kultur. Doch dieser Plan, von oben Bewusstsein durch die Kultur-Hintertür durch kreative Arbeiter zu erschaffen, ging schief. Seit den 70er Jahren wurde der Bitterfelder Weg kaum noch propagiert, nicht zuletzt auch, weil es Widerstände bei den Berufskünstlern gab.
Viele Zirkel und Kurse bestanden bis zur Wende
Was blieb, waren aber die Zirkel und Kurse, die bis zur Wende an volkseigene Betriebe sowie Kulturkabinette angegliedert waren. Seit Anfang der achtziger Jahre belegten zudem nicht wenige Teilnehmer die Kurse, um sich dort für eine Bewerbung an den Kunsthochschulen vorzubereiten.
Talentierte Zirkelteilnehmer schafften es später tatsächlich an die Kunstakademien und konnten Profis werden. Der Berufsausweis war hochbegehrt und wurde streng vergeben; zu viele Künstler sollte es auch im Sozialismus nicht geben. Über die Zirkel gelang mitunter den „Autodidakten“ der Einstieg in die DDR-Kunstszene.
Der „DDR-Beuys“ Klaus Hähner-Springmühl
In der alternativen Szene der Achtziger, die sich in Berlin sowie in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz), Leipzig und Dresden konzentrierte, wurden die Zirkel eher umgangen. Dort versuchte man, den staatlich gesteuerten Kunstbereich auszublenden. Untergrund-Helden wie der „DDR-Beuys“ Klaus Hähner-Springmühl, der zuerst Bauingenieurwesen studierte und später sogar mit DDR-Superstar Heiner Müller ein Buch verfasste, hatten mit dem Bitterfelder Weg nichts mehr zu tun.