Graffiti-Künstler polarisiert Banksy-Schau in Leipzig - wo und wie lange die Ausstellung zu sehen ist
Die Verhältnisse zum Tanzen bringen: In Leipzig zeigt die Schau „House of Banksy“ mehr als 150 Motive des polizeilich gesuchten Streetart-Superstars.

Leipzig/MZ. - Ein Geruch von Farbe klebt in der Nase, im Foyer wird noch gesprüht, zum Presserundgang in der Leipziger Innenstadt bildet sich am Eingang eine lange Schlange. Die Ausstellung „House of Banksy – An Unauthorized Exhibition“ entfaltet sich über drei Etagen auf 1.500 Quadratmetern. Zwischen nachgebauten Straßen, inszenierten Bohrgeräuschen, Steinen und Müll wird einem der teuersten Künstler der Gegenwart gehuldigt.
Ausstellung präsentiert Graffitis, Fotografien und Skulpturen von Banksy
So kann man dem Leerstand in den Innenstädten begegnen: rund 150 Motive, über 70 Wandbilder, die Höhepunkte der letzten 30 Jahre. Hereinspaziert ins Graffiti-Phänomen „Banksy“!
Das soziale Gewissen und das Millionengeschäft. Straßenkunst und der Zugriff auf jene, die sonst mit Galerien wenig am Hut haben. Ein weltweites Netzwerk und ein Mysterium. Willkommen im Kosmos des bekanntesten unbekannten Künstlers der Welt!
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Die Nachfrage wird die Ausstellungsdauer bestimmen, bis mindestens Oktober wird die Schau, die Graffitis, Fotografien, Skulpturen, Videoinstallationen und Drucke zeigt, zu sehen sein.
Kunst von Banksy in Leipzig sind keine Originale
Die Kuratorin Virginia Jean absolviert eine Einführung: Wissenswertes, das man kennen sollte, um sich zu Banksy, zum Kult und zur Vermarktung ins Verhältnis zu setzen.
„Alle Wandbilder sind vor Ort von Künstlern, die auch anonym bleiben wollen, gesprüht. Es sind also keine Originale, 80 bis 90 Prozent der Werke sind öffentlich nicht mehr zugänglich“, sagt Jean.
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Echte Banksy-Kunst wird in der echten Welt – wenn sie denn nicht von engagierten Initiativen geschützt wird – entfernt, übermalt, abgerissen oder gereinigt. Und natürlich gestohlen, versteigert und verkauft!

Wem gehört der Banksy an der Wand?
Wem gehört der Banksy an der Wand? „Zu 99 Prozent wird für den Eigentümer entschieden. Er darf das Werk legal verkaufen“, erklärt Jean, die ergänzt, dass man „die Wandbilder wieder einer Öffentlichkeit zugänglich machen will“, dass Begleitinformationen „von Banksys Firma überprüft wurden“.
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Doch wie entsteht eine Rekonstruktion, wenn es das Original nicht mehr gibt? Beim Puzzeln hilft die Öffentlichkeit, helfen unzählige Handy-Fotos.
Krieg, Klimakrise, Überkonsum, Rassismus oder Korruption als Themen der Kunstwerke
Banksy ist mutmaßlich in Bristol in England geboren und Schätzungen zufolge heute um die 50 Jahre jung. Jean erklärt den roten Faden seines Schaffens so: „Es sind die Kontraste!“
Das kollektive Gedächtnis erinnert sich: Statt Molotowcocktails wirft der Aktivist Blumen, in gewalttätigen Auseinandersetzungen ersetzen Kissen die Schlagknüppel. Die Themen? Krieg, Klimakrise, Unterdrückung, Überkonsum, Rassismus oder Korruption. Jean pathetisch: „Wer die Wahrheit sagt, muss eine Maske tragen.
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Banksy hat zwar keine Stimme und kein Gesicht. Er kann aber Menschen, die nicht gehört oder gesehen werden, Stimme und Gesicht geben.“ Und er arbeitet oft ortsbezogen. Kunst, die ohne den Kontext keinen Sinn ergibt: Der vom Grün entkernte Baum bekommt an der dahinterliegenden Hauswand wieder ein üppiges Blätterdach.
Oder nehmen wir die illegal abgestellte Kühltruhe, die dank Graffiti-Gestaltung zur Aufbewahrungsstätte des gewalttätigen Ehemanns wird.

Graffiti-Künstler wird von der Polizei gesucht
Banksy und die Anfänge. Die Ausstellung zeigt das Werk „The Mild Mild West“, das er 1999 zum ersten Mal mit seinem Namen unterschrieben hat.
„Heute arbeitet Banksy mit Schablonen. Das kann er zu Hause vorbereiten. So dauert die Arbeit draußen nur wenige Minuten“, erzählt Jean.
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Der Vorwurf, er würde „Malen nach Zahlen“ veranstalten, ignoriert, dass es Banksy um die Botschaft, um seine Anonymität und Freiheit geht – er wird polizeilich gesucht.
Schon allein deswegen muss der Sprayer anonym bleiben. Seine weltweiten Ausflüge zu öffentlichen Plätzen oder kriegsversehrten Häusern wie in der Ukraine können nur logistisch raffiniert stattfinden – Spionieren und Schmierestehen inklusive.
Gemälde „Game Changer“ wurde für 20 Millionen Euro versteigert
Banksy und der Kommerz. 2019 hat er einen Online-Shop eröffnet, sein „The Walled Off Hotel“ in Bethlehem ist seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023 geschlossen. Die Wahrheit ist komplex.
Beispiele: Das Gemälde „Game Changer“, das 2020 plötzlich im Flur eines Krankenhauses in Southampton hing, das einen Jungen zeigt, der seine Superheldenfiguren in den Müll geworfen hat und nun mit einer Krankenschwester spielt, wurde für knapp 20 Millionen Euro versteigert.
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Auf Banksys Wunsch wurde das Geld ins britische Gesundheitssystem gesteckt. Und für sein Schiff „Louise Michel“, das im Mittelmeer in Seenot geratene Menschen rettet, kann man in der Ausstellung spenden.
Jean verspricht, dass die Aussteller den Betrag verdoppeln. Die kostenfreie Straßenkunst und die Banksy-Vermarktung. Jean kommentiert es so: „Die Leute, die hier arbeiten, müssen ja auch bezahlt werden.“
House of Banksy – An Unauthorized Exhibition. In Leipzig, Grimmaische Straße 10