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Kriminalität in Sachsen-Anhalt Kriminalitätsatlas: Wo es in Sachsen-Anhalt 2015 wie viele Straftaten gab

Von Clemens Boisserée 05.04.2016, 04:00

Halle (Saale) - Die Zahl der Straftaten in Sachsen-Anhalt ist im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 2,2 Prozent gestiegen. Insgesamt erfasste das Landeskriminalamt 198.806 Delikte, davon konnten 54,8 Prozent aufgeklärt werden - im Jahr 2014 waren es noch 57,1 Prozent.

Die Mitteldeutsche Zeitung hat alle Polizeireviere und das Landeskriminalamt nach ausführlichen Daten zu Strafdelikten der vergangenen zwei Jahre angefragt und die erhaltenen Zahlen visualisiert.

Insgesamt neun Deliktfelder und die Gesamtzahl aller Straftaten nach Landkreisen und kreisfreien Städten können Sie nun ganz genau einsehen und vergleichen. Wir haben bei der Visualisierung die genauen Fallzahlen auf eine Quote von Straftaten pro 1.000 Einwohner umgerechnet. Genauere Infos zur Anwendungen finden Sie hier:

Diese interaktive Karte zeigt die bei der Polizei zur Anzeige gebrachten und später von der Staatsanwaltschaft aufgenommenen Straftaten in den Landkreisen und kreisfreien Städten Sachsen-Anhalts.

Die Daten entstammen Statistiken, die die Mitteldeutsche Zeitung beim Landeskriminalamt in Magdeburg und den Polizeirevieren abgefragt hat.

Angezeigt werden folgende spezifische Delikte:
• Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (bspw. Vergewaltigung, sexueller Missbrauch)
• Diebststähle (bspw. Fahrrad- oder Autodiebstahl)
• Straftaten gegen das Leben (bspw. Mord oder Totschlag)
• Wohnungseinbrüche
• Geschäftseinbrüche (inkl. Hotels, Gaststätten, Kiosks oder Lagerräume)
• Rohheitsdelikte (bspw. Raubüberfälle oder Körperverletzungen)
• Rauschgiftdelikte (bspw. Cannabis- oder Heroinhandel)
• Finanzdelikte (bspw. Betrug jeglicher Art oder Urkundenfälschung)
• Computerkriminalität (bspw. Hackerangriffe)

Von Polizei wird eine Vergleichbarkeit der Zahlen durch eine so genannte Häufigkeitszahl berechnet. Diese zeigt die Zahl der erfassten Fälle pro 100.000 Einwohner in der jeweiligen Kommunen. In dieser Anwendung wird die Zahl der Delikte pro 1000 Einwohner angezeigt.

Die Karte basiert auf einer Vorlage der Berliner Morgenpost.

Hier können Sie die Karte in einem separaten Fenster sehen.

Die vom Landeskriminalamt bereitgestellten Daten wurden nach bestem Wissen und Gewissen in diese Anwendung übernommen, dabei kann es zu Fehlern in Form von Abweichungen oder Zahlendrehern gekommen sein. Diese Anwendung erhebt keinen Anspruch auf Völlständigkeit.

Sie haben einen solchen Fehler entdeckt? Oder Sie haben Sie Anmerkungen zur Anwendung? Schreiben Sie uns eine E-Mail: [email protected].

Beim Blick auf die Anwendung wird deutlich: Besonders angestiegen ist die Anzahl der Straftaten in Halle. 19,1 Prozent mehr Fälle erfasste das Landeskriminalamt in der bevölkerungsreichsten Stadt des Landes. Insgesamt stieg die Zahl von 27.621 auf 32.884 an. 

Den größten Rückgang verzeichnete unterdessen der Landkreis Börde (-10,4%) und auch die Landeshauptstadt Magdeburg verzeichnete mit -7,7 Prozent einen deutlichen Rückgang.

Innenminister: "Das Land ist sicher"

Bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für Sachsen-Anhalt skizzierte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) gleich mehrere Trends: Während die Zahl der Kapitaldelikte sinke, steige die Zahl der Diebstähle und die Drogenkriminalität. Besonders betroffen von mehr Diebstählen sind neben Spitzenreiter Halle (26,7 Prozent) auch der Saalekreis (plus 19 Prozent) und das Jerichower Land (12,6 Prozent Zunahme). Gegen den Trend schwimmt vor allem der Landkreis Harz, hier ging die Zahl aller Diebstähle um 12,7 Prozent zurück.

Gleichzeitig nannte der Innenminister 2015 mit Blick auf die Vielzahl an Demonstrationen und den Schutz von Asylunterkünften ein „krisenhaftes Jahr“. Die Polizei sei in einigen Bereichen an ihrer Belastungsgrenze. „Aber das Land ist sicher.“

Die Taten

Laut Statistik wurden 4.320 Taten mehr registriert als noch 2014. Auch die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen ist gestiegen und zwar um 570 auf 71.200.  Bei Drogendelikten wurde ein Plus um 304 auf insgesamt knapp 7.400 Fälle registriert. Dabei bleibt der Missbrauch von Cannabis die häufigste Straftat, die auch landesweit um 3,3 Prozent zunahm. Während der Missbrauch der Modedroge Crystal Meth zwar weiterhin den zweithöchsten Anteil hält, hier aber ein leichter Rückgang um 1,2 Prozent verzeichnet wird. Den höchsten Anstieg beim Drogenmissbrauch gibt es mit 43,4 Prozent im Altmarkkreis Salzwedel im Landesnorden . 

Einen Rückgang gibt es es hingegen bei Morden (minus 17 Prozent) und Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (beispielsweise Missbrauch, minus 18 Prozent) oder auch Vermögensdelikten (minus 8 Prozent).

Die Aufklärungsquote

Der Anteil der Straftaten, die die Polizei im vergangenen Jahr aufklären konnte, war mit 54,8 Prozent so niedrig wie seit sieben Jahren nicht mehr.

Allerdings variiert der Ermittlungserfolg je nach Deliktart stark. Bei Straftaten gegen das Leben wie Mord oder Totschlag lag die Quote bei 83,5 Prozent. Auch Rohheitsdelikte (bspw. Erpressung oder Raubüberfälle) wurden in den allermeisten Fälle (88,2 Prozent) aufgeklärt. Gleichzeitig wurde nicht einmal jeder dritte Diebstahl aufgeklärt (28,2 Prozent).

Für Stahlknecht ist die gesunkene Aufklärungsquote keine Folge des Personalabbaus bei der Polizei. „Sondern das hat etwas damit zu tun, dass wir mehr Diebstähle hatten - und die klären sich schwerer auf.“ Der Kontrolldruck sei hingegen gleich geblieben, auch weil durch die Regionalbereichsbeamten mehr Präsenz in der Fläche sei, so Stahlknecht.

Kriminalität von Asylbewerben

Der Kriminalitätsstatistik zufolge gibt es keinen Beleg, dass durch die Zuwanderung von Asylbewerbern die Kriminalität steigt. Insgesamt seien knapp 11.750 Straftaten durch Flüchtlinge begangen worden. Zwei von drei Fällen betrafen demnach Verstöße etwa gegen Aufenthaltsauflagen.

Von den 1439 Fällen von sexueller Nötigung oder Vergewaltigung, die im vergangenen Jahr im Land registriert wurden, wurden in 41 Fällen Asylbewerber als Tatverdächtige ermittelt. „Weil wir in diesem Bereich eine Aufklärungsquote von 85 Prozent haben, können wir auch ziemlich verlässliche Angaben über die Täterstruktur machen“, führte Landespolizeidirektor Michael Schulze aus.

Das sagen die anderen Innenexperten

Sie alle fordern, wie auch Stahlknecht, eine Aufstockung bei der Polizei. Der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel nannte die abgesunkene Aufklärungsquote ein „Armutszeugnis“. Die Zahlen zeigten, dass die Polizei in ihrer derzeitigen Stärke bei ihren Aufgaben nicht hinterher komme, teilte der Oppositionspolitiker mit.

Die Statistik belege, dass ausreichendes, gut ausgebildetes Personal eine Grundvoraussetzung für die Kriminalitätsbekämpfung darstellt, erklärte Linken-Innenexpertin Gudrun Tiedge. Die vermeintliche Polizeireform sei gescheitert. Auch Stahlknecht will nachsteuern, und nannte die Zahl von 1000 mehr Polizisten. Vor allem bei der Bereitschaftspolizei und bei der Schutzpolizei müsse aufgestockt werden, sagte er. (mit Material von dpa)