Kriegsfolgen Kriegsfolgen: 5.500.000 Kilo Sprengstoff warten auf Entsorgung

Letzlingen/dpa. - In penibler Kleinarbeit wurdenjahrelang Granaten, Bomben und Munition geborgen, die überwiegend ausdem Zweiten Weltkrieg stammen. Schwerpunkt war Deutschlands größtesProjekt zur Munitionsräumung in der Colbitz-Letzlinger Heide.
Das Gebiet nördlich von Magdeburg wurde im vergangenen Jahrhundertunterschiedlich militärisch genutzt, unter anderem als Versuchsplatzfür die deutsche Wehrmacht und Panzerübungsplatz für die sowjetischenTruppen in der DDR. Die Munitionsbergung ist inzwischen beendet. Nunsollen die Bunker, die die Munition aufgenommen haben, nach und nachgeleert werden und die Kampfmittel entschärft und entsorgt werden.
Es gab Zeiten, da wurde so viel angeliefert, dass alles nur vonden Lastwagen geholt werden konnte. «An Entsorgung war da nicht zudenken», erinnert sich der Einsatzleiter des Kampfmittelräumdienstes,Torsten Kresse. «Keiner hat sich vorstellen können, dass so viel inder Heide liegt.» Mit einem kleinen Bunker und dem riesigenMilitärgelände in der Heide fing alles an, heute ist er eines vonmehreren Lagern. «Wir dachten damals, hier passt alles rein», sagtKresse.
Hinter einer massiven Stahltür lagern die tausenden TonnenMunition. Penibel sortiert in gestapelten Gitterkisten, abgezählt unddokumentiert liegen die gefährlichen Stücke: massenexplosionsfähigoder explosiv, nach Herkunftsland und Größe. «Wir haben hier weitüber eine Million Schuss, von klein bis groß», sagt der Leiter desZwischenlagers, Dieter Schwarz.
Die sortierte Munition wird nach und nach in den nahe gelegenenZerlegebetrieb des Kampfmittelräumdienstes gebracht. Dort wird jedeGranate einzeln aufgesägt und ihr Inhalt untersucht - ob Sprengstoffoder andere Füllstoffe. «Wir müssen mit allem so umgehen, als wenn esscharf wäre», erklärt Kresse. «Das ist keine Akkordarbeit, dieSicherheit geht vor.»
Mit Hightech rücken die Kampfmittelbeseitiger der Munition zuLeibe. Zum einen mit speziell umgearbeiteten Bandsägen, die in einemBunker jedes Munitionsteil einzeln zerlegen. «Wir brauchen etwa 15Minuten je Munition», sagt der Leiter des Munitionslager- undZerlegebetriebs, Volker Gleitsmann. Rund 80 Stück schaffen dieExperten pro Tag. «Ein Großteil der Munition ist scharf.» Der andereWeg der Entsorgung ist eine große thermische Anlage, in der Granatenmit bis zu 10,5 Zentimetern Durchmesser bei rund 350 Grad entsorgtwerden. Der Schrott wird an Metallhändler verkauft.
Wie viel Zeit es in Anspruch nehmen wird, Sachsen-Anhalt von denMunitions-Mengen zu befreien, lässt sich schwer sagen, meint Kresse.Zwar werden heutzutage weniger Kampfmittel gefunden, die Expertenaber weiter häufig gerufen - im Jahr zu durchschnittlich 350Fundstellen. Typisch sei, dass Spaziergänger in Wald und FlurGranaten finden. Selbst auf dem Dachboden finden sich Relikte ausanderen Zeiten. «Das haben wir öfters», sagt Kresse. Richtig sei esimmer, die Spezialisten anzurufen. Sie kämen lieber einmal zu viel,als dass etwas passiert.