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Korruptionsaffäre in Sachsen Korruptionsaffäre in Sachsen: Mehr Unterlagen als bisher bekannt landeten im Schredder

Von Alessandro Peduto 28.06.2007, 05:22

Dresden/ddp. - Infolge der Vernichtung weiterer Aktenim Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) wurden am Donnerstag erneutRücktrittsforderungen gegen Buttolo laut.

Der Grünen-Rechtsexperte Johannes Lichdi sagte: «Buttolo kannjetzt eigentlich nicht weiter im Amt bleiben.» Der Minister habe dieFachaufsicht über den Verfassungsschutz, er trage die politischeVerantwortung. Auch die Linksfraktion verlangte erneut ButtolosAmtsverzicht. Zuvor war bekannt geworden, dass im Landesamt bereits2006 Akten geschreddert wurden. Linke, FDP und Grüne beantragteneinen Untersuchungsausschuss. Die Linke beantragte für dieLandtagssitzung am Donnerstag kommender Woche eine förmlicheMissbilligung des Parlaments gegen Buttolo und Justizminister GeertMackenroth (CDU).

Nach Angaben der Parlamentarische Kontrollkommission (PKK), diefür die Aufsicht des Geheimdienstes zuständig ist, wurden imLandesamt für Verfassungsschutz (LfV) «in drei weiteren FällenZweitkopien von Unterlagen vernichtet», hieß es in einer Mitteilung.Ein Teil davon wurde bereits 2006 geschreddert. Buttolo wies denGeheimdienst an, ihm «in den nächsten Tagen einen ersten Bericht zuallen möglichen Missständen beim LfV in der Vergangenheitvorzulegen«. »Ich will jetzt endgültig wissen, was alles beim LfVpassiert ist», teilte Buttolo mit. VerfassungsschutzpräsidentReinhard Boos sagte: «Die Fälle werden aufgeklärt. Es wird nichtsvertuscht.» Dienst- und strafrechtliche Maßnahmen würden geprüft.

Buttolo hatte in der vergangenen Woche eingeräumt, dass beimVerfassungsschutz Ende April versehentlich rund 40 Ordner mit Kopienvon Strafakten zu kriminellen Netzwerken rechtswidrig vernichtetwurden. Dabei handelt es sich laut LfV um Akten zu 45 Vorgängen.Zudem verschwanden zahlreiche Originale.

Zu dem von der Linken beantragten Missbilligungsantrag erklärteder designierte SPD-Generalsekretär Dirk Panter, seine Partei wollezunächst den von Buttolo angeforderten Bericht abwarten. Dann werdedie SPD auch über eine Fortsetzung der Koalition beraten. Noch amDienstag hatte SPD-Landeschef Thomas Jurk damit gedroht, dieschwarz-rote Koalition im Falle weiterer Pannen undUnregelmäßigkeiten platzen zu lassen. CDU-Fraktionschef Fritz Hählestärkte Buttolo derweil den Rücken und wies die »Aufregung derOpposition« als parteipolitisch motiviert zurück.

In dem gemeinsamen dringlichen Antrag von Linke, FDP und Grünenheißt es, der Untersuchungsausschuss solle klären, inwiefern dieStaatsregierung Verantwortung trage «für schwerwiegende Mängel beider Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke».Dabei solle auch die Beteiligung von Vertretern aus Politik undWirtschaft, Justiz und Verwaltung beleuchtet werden. Die Abstimmungüber den Antrag steht bei der Landtagssitzung am kommenden Mittwochauf der Tagesordnung. Die Einsetzung des Ausschusses gilt aufgrundder Stimmenzahl der drei Fraktionen als sicher.

In der Affäre geht es unter anderem um angebliche Verbindungensächsischer Politiker und Justizbeamter zu kriminellen Netzwerken.Akten des Verfassungsschutzes sollen Vorwürfe enthalten, die vonAmtsmissbrauch, Kinderprostitution, Bandenkriminalität und Geldwäschebis hin zu Verstrickungen höchster Kreise in zwei Morde und einenMordversuch reichen.