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Konzert in Leipzig Konzert in Leipzig: Viel Platz im Tokio Hotel

Von Juliane Gringer 27.04.2007, 18:53
Die Kult-Band Tokio Hotel machte einen Abstecher nach Leipzig.
Die Kult-Band Tokio Hotel machte einen Abstecher nach Leipzig. Andreas Stedtler

Leipzig/MZ. - Es war unüberhörbar. Rund um die Leipziger Arena schien am Freitag alles unter 18 Jahren vom Tokio-Hotel-Fieber befallen. Die vier Jungs der Magdeburger Band gaben am Abend ein Konzert zu ihrem aktuellen Album "Zimmer 483" - das einzige während ihrer Europa-Tournee, das in den neuen Bundesländern stattfand. Die Halle bebte schon vor dem ersten Ton aus der Kehle des skurril gestylten Frontsängers Bill Kaulitz - auch wenn das Konzert bei Preisen von rund 30 Euro längst nicht ausverkauft war. Zahlreiche Plätze blieben leer.

Warten in der Sonne

Vor der Halle herrschte jedoch das alte Bild: "Ich bin der größte Fan", rief die 13-jährige Saskia aus Plauen immer wieder. Puterrot im Gesicht, Arme und Wangen beschriftet mit dem Namen ihres Idols: Bill. In der langen Schlange hatte sie einen vorderen Platz abbekommen. Dafür stand sie aber auch gut neun Stunden lang unter der sengenden Sonne. Sie sei schrecklich verliebt in Bill, sagte sie. "Den würde ich sofort heiraten." Saskias Mutter, die das Ganze beobachtete und immer wieder die Wasserflasche reichte, hatte ihre Tochter und drei Freundinnen nach Leipzig gefahren.

Franzi und Jule aus Halle, 16 und 17 Jahre alt und beide Azubis zur Sozialversicherungs-Fachangestellten, hatten einen Tag Urlaub genommen und die Nacht zuvor vor der Halle campiert. Dafür standen sie nun ganz vorn am Einlass. Und wollten natürlich gern auch ganz vorn an die Bühne. "Die holen ja immer einen aus dem Publikum zu sich hoch." Sie seien Fans von Anfang an. "Bill ist ja so süß."

In der Schlange weiter hinten waren alle nervös - und müde vom Warten. Immer wieder mal ein lautes Kreischen, selbst gebastelte Plakate mit Liebesbekundungen in der Luft. 15-Jährige, die sich mit dicken Stiften ins Dekolleté schreiben, was sie sich von Sänger Bill wünschen.

Sieben Goldene Schallplatten, fast alle Singles wochenlang Nummer 1 in den Charts, unzählige gebrochene Herzen und Kehlkopfentzündungen durch enthemmtes Kreischen. Die Vier von Tokio Hotel sind ein Phänomen: Die Band aus Magdeburg bricht seit zwei Jahren Rekorde. Dabei ist die Europatour bisher nicht ganz so erfolgreich wie die erste. Nicht alle Hallen waren ausverkauft, die Besucherzahlen blieben hinter den Erwartungen. Die Stimmung in Kempten, Zürich, Paris war zwar immer gut. Aber der mächtige Wirbel um die Band konnte nicht gesteigert werden. Zu spüren war das auch in Leipzig. Bei früheren Konzerten sei der Andrang größer gewesen, erzählten viele vor der Halle.

Tokio Hotel ist eine gewachsene Band. Die 17-jährigen Brüder Bill und Tom Kaulitz aus Magdeburg sind eineiige Zwillinge. Sie haben einen ehrgeizigen Vater, der auch im Musikgeschäft ist und musizieren seit ihrer Kindheit zusammen. Schlagzeuger Gustav und Bassist Georg lernten sie bei einem Auftritt kennen, zu viert gründeten sie erst die Band Devilish. Die sie bald umbenannten in Tokio Hotel - weil das nach weiter Welt und Erfolg klinge.

Junge Zielgruppe

2003 wurden sie von einem Musikproduzenten in Magdeburg entdeckt. Danach gab eins das andere: Plattenvertrag, Debütsingle "Durch den Monsun" sofort auf Platz Eins, Album "Schrei" - und der Rest war nur noch Gekreische von euphorisierten Fans. Tokio Hotels Geheimrezept von Anfang an: Sie waren, selber noch sehr jung, für die Zielgruppe um die zwölf Jahre gedacht, die CDs noch kauft, statt sie aus dem Internet herunterzuladen.

Inzwischen sind die Fans genau so ein bisschen älter geworden wie die Jungs auf der Bühne. Auch viele Erwachsene finden Tokio Hotel eigentlich ganz okay. In Leipzig standen sie sogar mit in der Schlange. Etwas ruhiger vielleicht.

Generell ist es etwas stiller geworden um Tokio Hotel. In der Halle freilich nicht. Dort putschten die Mädchen sich dann doch alle wieder hoch. Vom ersten Ton an das gewohnte Geräusch: Ein Kreischen. Ein sehr lautes Kreischen.