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Hobby-Archäologen Hobby-Archäologen: Schatzsucher unterwegs im Schattenreich

Von Steffen Könau 16.09.2003, 19:12
Erschwerte Bedingungen für Schatzsucher im doppelten Sinne: Manchmal suchen sie sogar im Wasser mit Metalldetektoren nach wertvollenFunden. In Sachsen-Anhalt will das Land mit dem Schatzregal verhindern, dass Hobby-Archäologen auf eigene Faust nach wertvollem Kulturerbe suchen. (Archivfoto: dpa)
Erschwerte Bedingungen für Schatzsucher im doppelten Sinne: Manchmal suchen sie sogar im Wasser mit Metalldetektoren nach wertvollenFunden. In Sachsen-Anhalt will das Land mit dem Schatzregal verhindern, dass Hobby-Archäologen auf eigene Faust nach wertvollem Kulturerbe suchen. (Archivfoto: dpa) dpa

Naumburg/Halle/MZ. - So dumm würde er nie sein. Gerulf Gebhardt (Name geändert) schüttelt den Kopf. "Den echten Fundort zu nennen, ist doch Selbstmord", sagt der 34-Jährige, der die Schatzsuche mit dem Metalldetektor seit fünf Jahren als Hobby betreibt. Gebhardt, einer von tausenden Sondengängern in Deutschland, weiß Bescheid: In Sachsen-Anhalt gilt das "Schatzregal", das bedeutsame Bodenfunde automatisch zu Landeseigentum erklärt.

Eine Regelung, die den Entdeckern der "Himmelsscheibe von Nebra" zum Verhängnis wurde. Die beiden Männer aus dem Mansfeld verrieten ihrem Abnehmer, wo genau sie die Scheibe ausgegraben hatten. Der wiederum pokerte beim kaufinteressierten Berliner Museumsdirektor Wilfried Menghin mit dem Fakt, dass der Schatz aus Sachsen-Anhalt stamme. "Damit war die Sache für mich erledigt", sagt Menghin, "denn Funde aus Ländern mit Schatzregal sind nicht handelbar."

Jedenfalls nicht offiziell. Jeder Verkäufer eines bronzezeitlichen Schwertes würde zum Hehler, jeder Käufer einer alten Münze mitschuldig. Doch die gut gemeinte Regelung, die verhindern soll, dass Sondentouristen massenhaft kostbare Altertümer aus dem Boden graben, zeitigt Folgen, die der Gesetzgeber so nicht beabsichtigt hat. Um 97Prozent, hat der Jurist Ralf Fischer zu Cramburg herausgefunden, liegt die Zahl der Bodenfunde in Bundesländern mit Schatzregal unter der von Ländern ohne. Nicht, weil weniger gefunden wird. Sondern weil Finder ihre Entdeckungen nicht melden.

"Fundort-Verlagerung ist an der Tagesordnung", beschreibt Wilfried Menghin, wie die Szene mit dem geteilten Recht umgeht. Hessen, Bayern und Nordrhein-Westfalen kennen im Unterschied zu den übrigen Ländern kein Schatzregal. "Bayern", sagt Menghin, "ist deshalb ein Riesenfundort."

Nicht, weil dort so viel gesucht wird. "Sondern weil jeder, der etwas findet, sagt, es ist aus Bayern", wie Hobby-Schatzsucher Gerulf Gebhardt sagt. Zwar dürfen Privatleute auch im Freistaat nicht einfach mit dem Detektor losziehen und Löcher graben, wo es piept. Tun sie es aber dennoch, sind Funde zur Hälfte ihr Eigentum. "Die Leute dort können dann zu einem Museum gehen und sagen, hier, wollt ihr das kaufen", sagt Museumschef Menghin, der so vor Jahren den bronzezeitlichen "Goldhut" für sein Haus erwarb.

In Sachsen-Anhalt, meint der Archäologe, sei das nicht möglich. "Hätten die Himmelscheiben-Finder ihrer Entdeckung hier gemeldet, hätten sie nicht nur nichts dafür bekommen, sondern auch noch ein Bußgeld zahlen müssen." Detektor-Archäologen wie Gerulf Gebhardt spielen gar nicht erst mit dem Gedanken. Stattdessen landen Münzen und Armreifen, Ringe und Schwerter in Internet-Auktionen. "Wüst auseinander gezerrt" findet Wilfried Menghin dort 3000 Jahre alte Kostbarkeiten zu oft lächerlichen Preisen. Pfeilspitzen gehen für ein paar Euro weg, Reife sind für ein Taschengeld zu haben. "Aber der wahre Wert der Fundstücke besteht ja eben zum Teil auch darin, dass man den Fundort kennt." Wird der verfälscht, "kann die Wissenschaft mit einem Fund nur wenig anfangen".

Offiziell gibt es keine Statistik darüber, wie das Schatzregal die Zahl der Funde in Sachsen-Anhalt beeinflusst. Privatfunde im Land würden nicht eigens erfasst, sagt Alfred Reichenberger vom Landesamt für Archäologie, hunderte Funde seien es aber stets, die abgeliefert würden. "Wir haben richtige Stammgäste, die immer wieder kommen." Andere hingegen kommen nie. Denn "das wäre ja schön blöd", sagt Gerulf Gebhardt.