Hintergrund Hintergrund: MZ-Bericht vom 8. August 1995
Halle/MZ. - Eine Lehrerin, der die Kinder von dem grausigen Fund berichteten, informierte umgehend die Polizei. Wenig später wimmelte es in der zwischen Frieden- und Seebener Straße gelegenen Parkanlage von Beamten, die das Areal nach Spuren durchkämmten und Anwohner befragten.
Um 13 Uhr, kurz nachdem Reichardts Garten wieder für Passanten freigegeben worden war, präsentierte Polizeihauptkommissar Manfred Porsow die ersten Ermittlungsergebnisse. Der Leiter der eilends zusammengestellten Mordkommission: "Der junge Mann starb durch einen gezielten Schuß in die Stirn, höchstwahrscheinlich abgefeuert aus unmittelbarer Nähe." DDer Fundort sei auch der Tatort.
Vermutet werde, so der Beamte weiter, daß der 22jährige in den Morgenstunden das Opfer einer "regelrechten Hinrichtung" geworden sei. Das bestätigte am Nachmittag auch der leitende Staatsanwalt Hendrik Weber. Das gefundene Neun-Millimeter-Projektil, das hätten die bei der Sektion der Leiche gefundenen Spuren ergeben, stamme vermutlich aus einer aufgesetzten Waffe.
Noch einmal Porsow: In polizeilicher Hinsicht habe man von dem Getöteten bislang nur aufgrund einiger Verkehrsdelikte Notiz genommen. Zu möglichen Motiven des bislang unbekannten Täters wollte sich der Beamte unter Hinweis auf "das frühe Stadium der Ermittlungen" nicht äußern.
Ein Spur erhofften sich die Kriminalisten von der Klärung der Frage, wo das Opfer den Sonntag abend verbrachte. Marco Sch.s nächste Verwandte, mit denen der junge Mann in einem Haus unweit des Tatorts wohnte, vermuteten gegenüber der MZ, daß er in einer halleschen Diskothek war. Der 32jährige Bruder des Opfers: "Am Nachmittag war Marco mit seinem jüngeren Bruder in der Saline, danach wollte er direkt von dort aus noch tanzen gehen." Im Freibad hätten sich die Geschwister getrennt.
Sch.s herzkranke Mutter sagte, daß sich ihr Sohn schon seit längerer Zeit bedroht gefühlt habe. Probleme habe ihr Junge immer wieder mit Autos gehabt, so die Frau weiter. Der letzte Pkw des 22jährigen sei ein Trabant gewesen, der "merkwürdigerweise wie immer am Röderberg" und nicht in unmittelbarer Tatortnähe geparkt war: "Das Auto wurde mittlerweile von der Polizei zur näheren Untersuchung mitgenommen."
Nach Angaben des 32jährigen Bruders wollte der bislang arbeitlose Marco gestern morgen "einen Job auf einer Baustelle am Rannischen Platz" antreten. Und weiter: "Er war ein guter und seliger Mensch, der immer mit ns anderen geteilt hat." Besonders intensiv habe sich Marco um die kranke Mutter gekümmert.
Die Polizei wollte gestern abend keine weiteren Informationen zum Stand den Ermittlungen geben. Im Lage- und Führungszentrum war lediglich zu erfahren, daß die 15köpfige Mordkommission mit Hochdruck arbeite.