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Heimatgeschichte Heimatgeschichte: Stammt der Weihnachtsmann aus Ilberstedt?

12.12.2003, 08:03
Eine rund 100 Jahre alte Wetterfahne in Gestalt eines Knecht Rupprecht, die auf dem nicht mehr existierenden Kloster Cölbigk der Gemeinde Ilberstedt bis 1968 angebracht war, hält der als Weihnachtsmann verkleidete ehrenamtliche Bürgermeister der sachsen-anhaltinischen Gemeinde, Roland Halang, in den Händen. Nach einer Sage und umfangreichen Nachforschungen von Heimatforschern soll die Geburtsstunde von Knecht Rupprecht bereits vor fast 1000 Jahren in der kleinen Gemeinde gelegen haben. (Foto: dpa)
Eine rund 100 Jahre alte Wetterfahne in Gestalt eines Knecht Rupprecht, die auf dem nicht mehr existierenden Kloster Cölbigk der Gemeinde Ilberstedt bis 1968 angebracht war, hält der als Weihnachtsmann verkleidete ehrenamtliche Bürgermeister der sachsen-anhaltinischen Gemeinde, Roland Halang, in den Händen. Nach einer Sage und umfangreichen Nachforschungen von Heimatforschern soll die Geburtsstunde von Knecht Rupprecht bereits vor fast 1000 Jahren in der kleinen Gemeinde gelegen haben. (Foto: dpa) ZB

Halle/dpa. - Der Weihnachtsmann kommt aus Ilberstedt bei Bernburg, zumindest Bürgermeister Roland Halang ist sich da sicher. Für ihn ist der Weihnachtsmann keine bloße Märchengestalt, sondern er hat hier mitten in Sachsen-Anhalt seine wirkliche Heimat. «Knecht Ruprecht, der deutsche Weihnachtsmann, ist heute in der ganzen Welt bekannt. Aber leider wissen nur wenige Menschen woher er stammt», sagt Halang.

«Die Geburtsstätte ist der Ilberstedter Ortsteil Cölbigk», erzählt Halang. Er hat sich vorgenommen, den Ort als kulturgeschichtlich bedeutendes Kleinod den Menschen wieder nahe zu bringen. In ein paar Jahren, schwärmt Halang, soll es dazu im Ort auch ein Museum und eine europäische Begegnungsstätte geben.

   Der Sage nach lebte vor rund 1000 Jahren in Cölbigk ein Priester mit Namen Rupert oder Ruprecht. Als der Gottesmann am Weihnachtsabend des Jahres 1021 die Messe feierte, hatte sich auf dem Platz vor der Kirche eine Gruppe junger Menschen eingefunden, die sich lautstark bei frohem Tanzen und Singen vergnügten. Ruprecht fühlte sich durch den Lärm gestört und forderte die jungen Leute auf, damit aufzuhören. Aber das Treiben ging munter weiter. Daraufhin wurde der Pfarrer sehr wütend und verwünschte die Gruppe, dass sie ein ganzes Jahr tanzen möge ohne aufzuhören.

   Der Wunsch erfüllte sich und die Unglücklichen konnten nicht einhalten und sangen und tanzten ein ganzes Jahr ohne Essen, trinken und Schlaf, heißt es in einer Überlieferung. Als Folge des pausenlosen Tanzens hatte sich eine tiefe Grube gebildet. Endlich befreite der Bischof von Köln die Unglücklichen durch die Absolution. Sie schleppten sich bis an den Altar, dort fielen alle in einen tiefen Schlaf. Einige starben, die restlichen Tänzer sollen ihr Leben lang an Gliederzuckungen gelitten haben.

   Die Geschichte vom «Tanzwunder von Cölbigk» sei der Ursprung der Ruprechtsfigur, sagt der Bürgermeister. Über die Jahrhunderte wurde im Volksmund der Knecht Ruprecht, im Ort auch «Hele-Christ» genannt als Spukgestalt überliefert. Er soll unartige Kinder in einem Sack weggeschleppt, brave Kinder mit Weihnachtsgeschenken belohnt haben.

   «Der Kirchplatz war bis zum Bauernkrieg um 1525 ein Wallfahrtsort mit dem Kloster Cölbigk. Mit der Zerstörung des Klosters wurde das "Tanzwunder" vergessen», sagt Heimatforscher Carl-Heinz Schmidt. «Immerhin beschrieben die Brüder Grimm Anfang des 19. Jahrhunderts in ihrem Sagenbuch den Vorfall in der Geschichte "Die Bauern von Kolbeck"», sagte Schmidt.

   Bis zum 1000-jährigen Jubiläum 2021 will die Gemeinde diese Geschichte wieder bei vielen Menschen in Erinnerung bringen. Dazu soll es auch im kommenden Jahr eine Internetadresse geben. «Dann können die Menschen endlich ihre Wünsche an den wirklichen Weihnachtsmann schicken», sagt der Bürgermeister.