"Heilungsseminare" für Homosexuelle "Heilungsseminare" für Homosexuelle: CDU-Fraktionschef muss sich im Landtag rechtfertigen

Magdeburg/MZ - Dass André Schröder am Freitag im Landtag in Bedrängnis geraten würde, damit war zu rechnen. Dass dem CDU-Fraktionschef und CDU-Landesvize ausgerechnet sein ärgster politischer Gegner beispringen würde, war doch eine Überraschung. „Nein, ich halte ihn nicht für homophob“, versicherte Linksfraktionschef Wulf Gallert. In der Debatte ging es um den Umgang mit Homophobie, also eine gegen Lesben und Schwule gerichtete Feindseligkeit. Gallert nahm Schröder dabei auch nur aus der Schusslinie, um dessen Partei besser aufs Korn nehmen zu können. Er warf der CDU „Janusköpfigkeit“ vor; „je nachdem, in welchen Wählerkreisen man sich bewegt, bedient man die eine oder andere Position“, sagte Gallert. Das gelte auch für Homophobe: Da wolle die CDU „anschlussfähig bleiben“.
Demo vor dem Landtag
Anlass der Debatte waren die Aktivitäten des Vereins „Gesellschaft für Lebensorientierung“ (Leo) in Bennungen (Mansfeld-Südharz). Vereinschef Bernhard Ritter - ein ehemaliger CDU-Landtagsabgeordneter - hält Homosexualität für eine Krankheit, und der Verein bietet Kurse zur „Heilung“ an (die MZ berichtete). Dem Kuratorium gehören unter anderem auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Bergner, der CDU-Landtagsabgeordnete Jürgen Scharf sowie der frühere Landesjustiz- und Innenminister Walter Remmers (CDU) an. Schröder sollte in dem Gremium auch mitarbeiten, was aber noch nicht passiert ist. Bennungen liegt im Wahlkreis des CDU-Fraktionschefs.
Vor dem Landtag hatten unter anderem einige Dutzend Schwule und Lesben gegen die CDU demonstriert, im Landtag verteidigte Schröder sich und seine Partei gegen den Vorwurf der Homophobie. „Wir werben für Toleranz und wenden uns gegen jede Form der Diskriminierung.“ Er verwies darauf, dass es auch in der CDU einen Verband der Schwulen und Lesben gibt. „Die Union ist längst eine bunte Volkspartei.“ Schröder distanzierte sich zwar von den „fragwürdigen Therapieversuchen“ bei Leo. Er forderte aber auch „Mut zur Differenzierung“. Zum „breiten Angebot“ des Vereins gehörten auch Lesungen zu regionaler Geschichte und Backkurse.
An einen toten Punkt geriet die Debatte, als Schröder darauf verwies, für seine Partei sei die Ehe von Mann und Frau das Leitbild, weil sie eine „stabilisierende Funktion“ habe. Warum Verbindungen von Mann und Frau stabiler seien als gleichgeschlechtliche, wurde allerdings nicht ganz klar. „Sie verstehen mich nicht, weil Sie mich nicht verstehen wollen“, hielt Schröder der Opposition vor.
Die Grüne Cornelia Lüddemann hielt gegen: „Wir verstehen Sie nicht, weil wir Sie nicht verstehen können.“ Man teile offenbar nicht dieselben Werte. Lüddemann nannte es „unsäglich, dass ein solcher Verein in Sachsen-Anhalt existiert“. Sie vermisste eine klare Distanzierung der CDU von Leo. „Ich bin traurig und schäme mich, dass ich diesem Tiefpunkt beiwohnen muss“, sagte Lüddemann. Das einzig Gute an dem Fall sei, dass klar werde, in Sachen Toleranz seien „noch nicht alle Schlachten geschlagen“. Lüddemann und die übrigen Grünen trugen als Zeichen der Solidarität mit Homosexuellen Hemden mit Aufdruck „Love is love“ (Liebe ist Liebe).
Förderung wird geprüft
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Katrin Budde kritisierte die Leo-Therapie als „obskur, falsch, gefährlich“. „Es gibt noch viel zu tun, um Normalität herzustellen.“ Mit ihrem Koalitionspartner ging sie freundlich um. Die CDU habe nun einmal ein anderes Familienbild, „ich finde das nicht schlimm“. Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) schloss aus, dass Leo direkte Landesförderung erhalten habe - allenfalls indirekt über den Landkreis Mansfeld-Südharz. Das werde derzeit noch geprüft. Die Landesregierung wende sich gegen jede Form der Diskriminierung. „Wir sind eine Gesellschaft, wo alle einen Platz haben.“