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Harz-Souvenirs Harz-Souvenirs: Mit Hexen und Teufeln in einem Bund

Von Jörg Müller 29.04.2005, 16:52

Thale/MZ. - Sie hängen an der Decke, sitzen auf Schränken und liegen dicht an dicht in Kartons verpackt. Besonders vor Walpurgis wird der Platz immer knapp in Elke Götzes Haus in Thale im Landkreis Quedlinburg. Kein Wunder, denn schließlich sind die Hexen und Teufel, von denen es bei ihr wimmelt, die Hauptakteure des Spektakels der letzten Aprilnacht.

Jedes Stück Handarbeit

Elke Götze versorgt nicht nur einheimische Kunden, sondern vor allem die von Jahr zu Jahr größer werdende Zahl von Harztouristen mit dem beliebtesten Souvenir der Region. Und das nicht nur für die Feiern zur Walpurgisnacht, wenn sich in den Orten rund um den Brocken und den Hexentanzplatz magische Gestalten am Brauchtumsfest beteiligen.

Das Besondere der Souvenirs von Elke Götze: "Jede Hexe, jeder Teufel ist ein Einzelstück", betont die 53-Jährige. Sie ist eine der letzten Souvenirhersteller im Harz, die diese traditionellen Figuren komplett in Handarbeit fertigt. Die Firma "Thalenser Brockenhexen", deren Inhaberin und einzige Angestellte Götze ist, existiert seit den 50er Jahren. Zu DDR-Zeiten hatte der Betrieb - einer der wenigen, die immer in privater Hand blieben - mehr als 20 Angestellte. Sie produzierten pro Jahr bis zu 14 000 der begehrten Souvenirs. "Jeder arbeitete zu Hause; ein Geschäft diente als eine Art Zentrale", erzählt Elke Götze. Sie selbst, gelernte Pelznäherin, kam 1976 aus Dessau nach Thale und fing 1982 bei den "Thalenser Brockenhexen" an.

Nach der Wende brach der Absatz ein, fast alle Mitarbeiter mussten entlassen werden. Elke Götze entschloss sich 1992, allein weiter zu machen. "Es wäre doch schade gewesen, wenn der Betrieb untergegangen wäre." Und so gibt es bis heute die original "Thalenser Brockenhexen". "Typisch für sie sind das Gesicht, das Kopftuch und die Brille", erklärt Elke Götze. Das Gesicht? "Unsere Hexen sehen nicht gruselig aus, sondern freundlich. Jemand hat sie mal ,nette Besenfrauen' genannt." Was die Kleidung betrifft, sind der Phantasie dagegen keine Grenzen gesetzt. Bei der Größe reicht das Sortiment von "Mini" (15 Zentimeter) bis "Maxi" (80 Zentimeter), auf Wunsch gibt es sogar lebensgroße.

Das Wichtigste dabei: Alles ist tatsächlich Handarbeit. Elke Götze gießt die Köpfe ihrer Figuren aus Gips, verdreht Draht mit Chenille, einem samtartigen Garn, zu den Körpern, näht die Kleidung mit der Nähmaschine, bindet die Besen mit Sisal oder Reisig und frisiert die größeren Hexen mit einer alten Lockenzange. Die winzigen Brillen werden aus Draht gewickelt. Bei der Schuhproduktion wird die Hexenmacherin von ihrem Ehemann unterstützt, der zwar als Dachdecker arbeitet, aber dann an die Drechselbank geht, um die zu jeder Figur passende Fußbekleidung aus dem Holz zu drehen.

Der Aufwand bis zum fertigen Souvenir ist groß - und kaum zu bezahlen. Auch angesichts der Konkurrenz asiatischer Massenhersteller. Wenn Elke Götze eine Mini-Hexe für 1,50 Euro verkauft, will sie ihren Stundenlohn lieber nicht ausrechnen: "Leben könnte ich davon nicht, es ist nur ein Zuverdienst. Aber es macht mir Spaß."

Das wissen nicht nur alteingesessene Kunden und Harz-Touristen zu schätzen, die die Brockenhexen direkt bei ihr bestellen, in Andenkengeschäften oder im Sommer direkt bei der Herstellerin auf dem Hexentanzplatz kaufen. Denn dort betreibt Elke Götze von Mai bis in den Oktober hinein einen Stand, an dem Urlauber zuschauen können, wie die auf einem Besenstiel fliegenden Hexen entstehen, alles in Handarbeit. Mittlerweile gehen ihre Souvenirs - vermittelt über das Internet - in alle Welt, zum Beispiel nach Großbritannien, Italien, Australien, Japan und in die USA.

Lange Harztradition

Am bunten Spuk zur Walpurgisnacht ist die Thalenserin selbst jedoch nicht beteiligt. "Ich bin das ganze Jahr von Hexen umgeben, da muss ich mich nicht auch noch verkleiden", sagt sie. Ausgenommen ist die Beteiligung an der langen Harztradition, zu Walpurgis Häuser, Dächer und Balkone mit bunten Spukgestalten zu schmücken. Sogar lebensgroß ist das Exemplar am Götze-Haus. Im Interesse des eigenen Tuns, aber auch als Hinweis auf die satanische Nacht.

Weitere Informationen:

Tel.: 03947 / 6 35 97