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Halle Halle: Mit Gottvertrauen auf dem Weg nach Moskau

24.01.2011, 19:52

Halle (Saale)/MZ/LÖ. - Am Montag hat Suchra Gummelt noch mit ihrer Cousine in Moskau telefoniert. Es ging um das Wetter, die Hochzeit ihres Neffen. Harmlose Alltagsthemen. "Meine Cousine wusste noch nichts", sagt die aus Moskau stammende hallesche Malerin. Noch nichts über das, was Suchra Gummelt später aus dem Radio erfährt: den verheerenden Anschlag auf dem Flughafen Domodedowo.

"Wissen Sie, ich fliege morgen nach Moskau", sagt die Malerin dann. Im Internet wird sie sich, soweit es die Reisevorbereitungen zeitlich noch erlauben, genauer darüber informieren, was in ihrer Heimat passiert ist. An den Reiseplänen der Künstlerin ändert das nichts. Der Hochzeitstermin ihres Neffen steht. Angst? "Nein. Ich glaube an Gott", sagt sie. Schlimm sei der Anschlag, aber: "In Moskau ist viel passiert in letzter Zeit." Die Menschen dort nähmen das anders auf als Deutsche, "sie sind es inzwischen irgendwie gewohnt". Als es im Dezember zu blutigen Krawallen von Fußballfans und Rechtsradikalen kam, hat ihre Cousine von Angst erzählt, auf die Straße zu gehen. "Zwei, drei Tage später geht sie trotzdem raus, sie muss ja."

Knapp 3 700 russische Staatsbürger leben derzeit in Sachsen-Anhalt, rund 800 sind es nach Angaben des statistischen Landesamtes in Halle. Für sie, ist Ilja Zelnik sicher, ist der Anschlag jetzt sehr wohl Thema. Den Chef des deutsch-russischen Kulturvereins "Horizont" selbst hat die Nachricht per Mail erreicht. Über seine russische E-Mail-Adresse lässt er sich täglich die News liefern. "Ich wollte bloß in mein Postfach schauen, da kommt man an der Nachricht nicht vorbei", sagt er. Deutsche und russische Fernsehsender, das Internet - das sind jetzt seine Hauptinformationsquellen. Und Gespräche mit Landsleuten. Mehrfach in der Woche treffen sich die Vereinsmitglieder, viel wird ansonsten abends kommuniziert. Dann unterhält sich Zelnik auch mit Freunden, die nach Amerika oder Frankreich ausgewandert sind. Darüber, wie sicher es in Russland noch ist. Das Land, sagt er, sei schon aufgrund seiner Größe und Strukturen schwieriger zu kontrollieren als Deutschland. Jetzt also wieder ein Anschlag. "Natürlich belastet uns das." Und wird auch Thema sein in der nächsten russischsprachigen Ausgabe der Zeitschrift, die Zelnik für Sachsen-Anhalt und Sachsen herausgibt. Sie erscheint Anfang Februar.