Film Film: Philip Glass spielt «Dracula»-Musik in Dresden

Dresden/dpa. - Die Nachrichtenagentur dpasprach mit Glass (73) über den Film, seine Musik und das Komponieren.
Hört man einige Ihrer Stücke, scheint sich eine Art Zwischenweltaufzutun. Manches klingt träumerisch, meditativ, endlos - nicht real.
Glass: «Wenn wir über meine Musik reden, reden wir über eine Welt,die nicht diejenige ist, in der wir leben. Lassen wir es doch sostehen.»
Am 17. Juli wird Ihre Filmmusik für «Dracula» in Dresden aufgeführt.Welche Umstände führten zu diesem Projekt?
Glass: «Universal Studios wollte vor gut zehn Jahren eine DVD-Editionvon "Dracula" herausbringen und kam auf mich zu. Der Originalfilm hatja keine Musik. Sie dürfen nicht vergessen: Die Rolle des Komponistenwar 1931, als der Film gedreht wurde, noch nicht so festgelegt. Ichfand den Film auch irgendwie lückenhaft, unvollständig. Vielleichthatte das damals finanzielle Gründe? Jedenfalls schienen mir einigeÜbergänge unbeholfen, das Timing war falsch. Also setzte ich michdaran, schrieb verschiedene musikalische Themen für die verschiedenenCharaktere. Es half, die Dinge zu verknüpfen.»
Eines der wenigen Worte, die sich die Amerikaner von uns geborgthaben ist "the leitmotif". Gehen Sie generell leitmotivisch heran,wenn Sie Filmmusik schreiben?
Glass: «Naja, ich habe es manchmal getan, auch in meinen Opern.Insgesamt ist es ein Learning-by-doing. Wie bei einemLandschaftsmaler: Er geht raus, stellt die Staffelei hin und beginntzu arbeiten, und nach einer Weile wird er besser und besser. Auch imFilmgeschäft machen sich nur wenige Leute die beiden Grundsätze derFilmmusik klar: Sie muss die Dinge strukturieren, und sie hilft,Emotionen zu erzeugen. Beides tut die "Dracula"-Musik.»
Ihr langjähriger Haus-und-Hof-Dirigent Michael Riesman leitet am 17.Juli die Live-Aufführung, das Kronos-Quartet spielt und Sie sitzen amKlavier ... Wie kam das Kronos Quartet ins Spiel?
Glass. «Die Musiker hatten die Filmmusik von "Mishima" aufgenommen,ich hatte das entsprechende Streichquartett für sie komponiert, wirkannten uns gut. In London esse ich meist im selben Restaurant, dorttrafen wir uns zufällig, als ich gerade über der "Dracula"-Musik saß.Ich habe sie eingeladen, mitzuspielen, und die Musik dann für sieangepasst.»
In welchem Augenblick werden Sie eigentlich vom Produzenten oderRegisseur angefragt, wenn es darum geht, Musik für einen neuen Filmzu schreiben?
Glass: «Ob Martin Scorsese oder Woody Allen: Die meisten Regisseure,mit denen ich zu tun habe, rufen mich erst an, nachdem der Filmfertig ist. Viele sind zu unsicher, was ihre eigene Arbeit angeht.Dann versuchen sie, alles zu kontrollieren. Das Problem ist: Manchmalhaben sie noch dazu keine Ahnung, was sie eigentlich wollen. Das istdann ein komplizierter Verhandlungsprozess. Nicht so übrigens beiAllen: Der bat mich um Musik für seinen Film "Cassandra's Dream". Ichfragte ihn, wie er sich die Musik vorstellte, und er sagte: "Tu sieeinfach dahin, wo es passt." Ich fragte ihn, ob er irgendwelcheVorschläge hätte. "Nonono", sagte er, "tu sie einfach rein." Und dasmachte ich. Diese Art der Zusammenarbeit war eine der angenehmstenzwischen Regisseur und Komponist, die man sich denken kann.»