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Feuerwerker aus Wettin Feuerwerker aus Wettin: Für "Bomben-Schmidt" ist fast das ganze Jahr Silvester

Von Ralf Böhme 30.12.2013, 18:57
Auf Knalleffekte spezialisiert ist Mark Schmidt, in der Szene als „Bomben-Schmidt“ bekannt.
Auf Knalleffekte spezialisiert ist Mark Schmidt, in der Szene als „Bomben-Schmidt“ bekannt. Jens Schlüter Lizenz

Wettin/MZ - Wenn es am Dienstag um Mitternacht taghell und auch laut wird, dann tanzen rote, grüne und blaue Sterne. Es fallen Blinker reihenweise vom Himmel, krachen Böller eins, zwei, drei - bumm. Dann ist die Welt von Feuerwerker Mark Schmidt aus Wettin (Saalekreis) wieder einmal in Ordnung. Doch ehe dieses größte und teuerste Lichterfest des Jahres beginnen kann, müssen der 39-Jährige und seine Zunft-Kollegen erst einmal viele schwere Kisten schleppen.

„Bomben-Schmidt“, so sein Werbename, ist ein Ein-Mann-Betrieb. Doch Konkurrenz muss der Pyrotechniker, der sich seit der Ausbildung zum Elektroniker in Speziallehrgängen ständig weiterbildet, kaum fürchten. Die Szene in Sachsen-Anhalt, die der Mann seit Mitte der neunziger Jahre mitprägt, gilt als überschaubar. Eine Handvoll Profis gebe es, mehr nicht.

Nichts dem Zufall überlassen

Leute vom Fach, sagt er, überlassen nichts dem Zufall. Allein ihn beim Beladen des Lieferwagens zu beobachten, ist ein Erlebnis. Es geschieht für den Uneingeweihten überraschend vorsichtig. Schmidt trägt seine großen und kleinen Kartons so, als wären sie aus Glas. Kein Wunder, in den bunt bedruckten Pappen - teils aus China, teils aus Deutschland - steckt reichlich Schwarzpulver. Doch auch in seinem Lager gilt höchste Vorsicht. „Explosionsgefahr“ - Warnschilder mit dieser Aufschrift sind allgegenwärtig. Der Hausherr: „Wenn es hier richtig qualmt, ist es schon zu spät, dann fliegt der ganze Laden in die Luft.“

Schmidt entwickelt für jedes Feuerwerk einen extra Plan - das Motto: „Sicherheit zuerst“. So überlegt er sich genau, wo die Abschussrampen für Mörsergranaten aufgestellt werden. Was der Laie nicht ahnt, fast immer erfolgt die Steuerung eines größeren Feuerwerks per Computer. Die Programme, mit denen die entsprechenden Bestandteile elektronisch angesteuert und gezündet werden, modifiziert Schmidt selbst. Touren führen ihn oft kreuz und quer durch Sachsen-Anhalt, so auch kurz vor dem Jahreswechsel. Jetzt macht er das große Geschäft. Kunden, die sich ihren Spaß gerne etwas kosten lassen, sind vor allem Hotels. Aber auch Vereine, die ihren Mitgliedern etwas bieten wollen, investierten. 500 Euro, damit lasse sich schon etwas anfangen. Schmidt dimensioniert die Effekte auf Wunsch so, dass auch Laien nach Einweisung damit umgehen können. Die Show eigenhändig per Zündschnur zu starten, so Schmidt, übe gerade auf private Auftraggeber immer noch eine große Faszination aus.

Dabei kommt der Knalleffekt auf den ersten Blick simpel daher. Schmidt verweist zum Beispiel auf ein langes Brett. Darauf sind Würfel wie Batterien befestigt: „Silver Spider Cracking“ steht auf der Verpackung. „Das ist ein neuer Schrei.“ Das Ganze soll an zischende und knisternde Spinnen erinnern. Eine Überlegung wert ist allerdings ihre Reichweite. Unter ungünstigen Umständen fliegen einem die Funken auch noch in einiger Entfernung um die Ohren. Deshalb, so erklärt Schmidt, steht das Feuerwerk auf einem stabilen Brett. Die feste Unterlage nehme den Rückstoß auf und garantiere, dass sich die Effekte für Zuschauer ungefährlich nach oben und nicht zur Seite hin ausbreiten.

Nur an einem Tag im Jahr zieht sich Schmidt zurück - in Einsamkeit und Stille. Das ist an seinem Geburtstag im Februar. Ansonsten ist der Junggeselle fast immer auf Achse, um es im ganzen Land ordentlich krachen zu lassen. „An eine ganze Woche ohne Böller und Fontänen kann ich mich schon gar nicht mehr erinnern.“ Urlaub sei für ihn ein Fremdwort. Und auch, wenn der letzte Christbaum längst entsorgt ist, nimmt sich Schmidt kaum Zeit zum Verschnaufen. Neujahrsempfänge landauf, landab und auch die darauf folgende Karnevalssaison sorgen für immer neue Feuerwerkswünsche.

Knalleffekte zur Musik

Schmidts Spezialität ist der große Knalleffekt zur Musik. Wegen der Kosten, die dann in die Tausende gehen, bleibt das aber die große Ausnahme. Umso glücklicher ist der Feuerwerker aber, wenn er sein Können bei Wettbewerben präsentieren kann. Reich könne man vom Preisgeld aber nicht werden. Doch die Gunst des Publikums sei es ihm wert, beispielsweise bei den „Pyro Games“ in Ferropolis (Anhalt-Bitterfeld). Klassiker wie Händels Feuerwerksmusik oder Carmina Burana gehörten inzwischen zum Einmaleins. Noten lesen kann Bomben-Schmidt zwar nicht, räumt er ein. Doch ein spezielles Gespür für laute und leise Töne, den passenden Rhythmus und dosierte Pausen vor einem grandiosen Finale verhilft ihm seit Jahren immer wieder zu Spitzenplätzen. Beispielsweise unterlegt er gern zarte Melodien von Schlagersängerin Helene Fischer - mit leuchtenden Fontänen und Wasserfällen. Und ein klug eingesetztes Boden-Salut könne noch für einen zusätzlichen Akzent sorgen, so Schmidt. Am Ende der Show werfe er alles in die Schlacht. Dann feuerte es schon mal aus 250 Rohren. „Masse schafft Klasse.“ Damit punkte er vor allem, wenn es um Feuerwerk nach Hits von „Rammstein“ geht.

Als besondere Höhepunkte in seiner beruflichen Laufbahn versteht Schmidt die Feuerwerke beim Laternenfest in Halle. 15 Minuten dauert das Spektakel vor der historischen Kulisse der Burg Giebichenstein. „Das ist filmreif“, sagt er und spricht damit einen heimlichen Wunsch an. Irgendwann einmal will Schmidt mit seinen Künsten in einem spannenden Film mitwirken. „James Bond, das wäre es.“