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Familienbetrieb Familienbetrieb: 50 000 Alltagsgegenstände in Gladigau zu sehen

Von Stefan Klein 19.12.2003, 07:19
Der 22-jährige Christian Schulz sitzt in seinem Altmark-Museum in Gladigau in der Altmark in einem Wohnzimmer, wie es am Ende des vorigen Jahrhunderts auf dem Lande üblich war. (Foto: dpa)
Der 22-jährige Christian Schulz sitzt in seinem Altmark-Museum in Gladigau in der Altmark in einem Wohnzimmer, wie es am Ende des vorigen Jahrhunderts auf dem Lande üblich war. (Foto: dpa) dpa

Gladigau/dpa. - In Gladigau, einem Dorf mitten in der Altmark,steht das einzige Privatmuseum im nördlichen Sachsen-Anhalt. DerFamilienbetrieb wird von Armin Schulz und seinem Sohn Christian (22)geführt, der sich «Mitteldeutschlands jüngster Museumsdirektor»nennt. Ihr vor zwei Jahren in einer alten Getreidescheune gegründetesAltmark-Museum zeigt mittlerweile mehr als 50 000 Alltagsgegenständeaus der Zeit von 1800 bis 1990: schöne, alte Welt.

Ein Vorratsschrank aus dem Biedermeier, ein patentgeschütztesFlipper-Spiel aus dem Jahr 1938, ein fast nagelneues Java-Motorradaus den 50er Jahren: Die Schulzsche Sammlung ist bunt gemischt, aberwie in jedem Museum nach Themenbereichen geordnet. Während sich untenFahrzeuge bis hin zu einem alten Feuerwehrauto befinden, ist dieerste Etage in Wohnbereiche unterteilt: Von zwei Küchen und einerkompletten Waschküche über Kinderzimmer mit handgemachtem Spielzeugbis hin zur Werkstatt, die allein mehr als 1000 Stücke umfasst. «Umdas alles genau zu katalogisieren, fehlt uns die Zeit», sagtChristian Schulz.

Die Idee für ein Museum entstand binnen eines Tages, am 1. Advent1994. Da wollten die Schulzes eigentlich nur einen altenKüchenschrank und eine Abspüle aus der sonst leeren Scheune räumen.Die hatten sie - zu Ost-Zeiten von der örtlichen LPG noch alsKornspeicher genutzt - nach der Wende zurück erhalten. «Dochplötzlich fragte mein Vater, warum wir das eigentlich ausräumten»,erzählt Christian Schulz. In dem verwinkelten Kornspeicher fröntensie fortan ihrer Sammelleidenschaft.

Anfangs wurde die Familie Schulz bei den nach der Wende häufigen«Haushaltsausmistungen» in Gladigau und umliegenden Dörfern fündig.Heute sind sie schon bekannter, werden von Leuten aus der ganzenGegend angerufen, sich alte Dinge abzuholen. Gute Stücke wie einschrankgroßes DDR-Radio mitsamt Fernseher bezahlen sie auch schonmal. Doch oft sind es die kleinen Alltagsgegenstände, die faszinierenund eher nebenbei ihren Weg ins Museum finden, wie etwa eineFliegenfalle aus dem Jahr 1898 oder ein Korkendrücker, mit dem manWeinflaschen wieder verschließen kann.

Vor allem ältere Museumsbesucher sind von diesen kleinen Dingendes Lebens begeistert. Oft werden sie in die eigene Kindheit zurückversetzt. Allerdings verirrt sich kaum einmal ein Ausflügler nachGladigau. «Es gibt nur Führungen nach Voranmeldung», sagt Christian,der dann aber bereitwillig erklärt, dass zum Beispiel der Ausdruck«sich verhaspeln» von der Haspel, einem alten Zählgerät, stammt.

Irgendwann wollen sie von ihrem Altmark-Museum leben können, sagtChristian. Probleme mit verschiedenen Ämtern habe es bei deroffiziellen Öffnung des Museums 2001 genug gegeben: Es ging ummangelnde Fluchtwege und Hinweisschilder an Zufahrtsstraßen.Mittlerweile gibt es erste Erfolge. Ein Besucher vermittelte sie nachTangermünde, wo sie im Zentrum des altmärkischen Touristenmagneten indiesem Jahr eine nicht minder besuchenswerte Außenstelle des Museumsöffneten. Dort zählten Schulzes schon 5000 Besucher.