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Extremismus Extremismus: Keine Zeugen für Neonazi-Übergriff in Mittweida

25.11.2007, 14:00
Die beiden Fotos zeigen zwei von der Polizei veröffentlichte Phantombilder von Tatverdächtigen, die mit zwei weiteren Männern am 3. November in Mittweide eine 17-Jährige angegriffen haben sollen. (Foto: dpa)
Die beiden Fotos zeigen zwei von der Polizei veröffentlichte Phantombilder von Tatverdächtigen, die mit zwei weiteren Männern am 3. November in Mittweide eine 17-Jährige angegriffen haben sollen. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Mittweida/dpa. - Die beidenTipps beträfen die veröffentlichten Phantombilder, sagte einePolizeisprecherin am Sonntag. Diese würden derzeitüberprüft. Drei Wochen nach der Tat läuft die Fahndung nach vierGlatzköpfigen auf Hochtouren, die der 17-Jährigen am 3. November einHakenkreuz in die Hüfte geschnitten haben sollen. Sie war einerSechsjährigen aus einer Spätaussiedler-Familie zu Hilfe gekommen, dievon Rechtsextremen belästigt wurde.

Die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung werdendadurch erschwert, dass sich trotz öffentlicher Aufrufe noch immerkeine Zeugen gemeldet haben. Die Stadtverwaltung will nach Angabenvon Bürgermeister Matthias Damm zur Aufklärung des Vorfallsbeitragen. «Wir werden am Montag mit der Polizei beraten, welcheMöglichkeiten es gibt, die Anwohner zu einer Aussage zu bewegen»,sagte er am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Die Bewohner der Häuser am Tatort wurden bereits ohne Erfolgbefragt. Nach Angaben der 17-Jährigen hatten mehrere von ihnen dasGeschehen von Balkonen aus beobachtet. Mit Hilfe der Jugendlichenwurden Phantombilder zweier Tatverdächtiger erstellt, die lautPolizei zwischen 21 und 25 Jahren alt sind. Zwei von ihnen sollen zumTatzeitpunkt Jacken mit der Aufschrift «NSDAP» getragen, einer einesogenannte Pennerträne unter dem rechten Auge und ein anderer SS-Runen auf den Fingern tätowiert haben.

Die Unbekannten hatten die 17-Jährige am Abend des 3. Novemberangegriffen und zu Boden gerissen. Drei von ihnen hielten sie fest,während der Vierte der jungen Frau mit einem «skalpellartigenGegenstand» das Nazi-Symbol in die Hüfte schnitt. Der Versuch, einweiteres Symbol ins Gesicht zu ritzen, scheiterte an der Gegenwehrdes Opfers. Die Jugendliche war zuvor einem sechsjährigen Mädchen auseiner Spätaussiedlerfamilie zur Hilfe gekommen, das von denRechtsextremen belästigt wurde. Die Neonazis sollen die Sechsjährigehin und her geschubst haben. Die Jugendliche zeigte den Vorfall abererst neun Tage später an.

Die Ermittler halten die Aussagen für glaubwürdig. Das kleineMädchen hatte den Hergang bestätigt. Rechtsmediziner hattenausgeschlossen, dass sich die junge Frau die Verletzung selbstzufügte. Die Polizei hatte bereits einen Verdächtigen aus dem RaumBurgstädt ermittelt, bei dem unter anderem Anstecker der verbotenenNeonazi-Kameradschaft «Sturm 34» sowie Datenträger sichergestelltwurden. Einen Haftbefehl lehnte das Amtsgericht Chemnitz ab, da derTatverdacht nicht ausreichend nachzuweisen war. Der 19-Jährige bleibeaber ein Tatverdächtiger, sagte die Polizeisprecherin am Sonntag.Gegen ihn werde weiter ermittelt.

Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) mahnte die Bürgerim MDR Sachsenspiegel zu Zivilcourage. Diese sei unverzichtbar.Polizei, Justiz, Presse und Bürgergesellschaft könnten das ProblemRechtsextremismus im Freistaat nur gemeinsam lösen. «Wir müssen allegemeinsam zusammenstehen», sagte Mackenroth. «Politik kann und wirdZivilcourage bestärken.» Mittweidas Bürgermeister Damm fordertemögliche Zeugen auf, sich zu melden. «Jeder, der den Vorfallbeobachtet hat, sollte sich bei der Polizei melden», appellierte er.«Ich kann mir nicht vorstellen, dass bewusst einer wegschaut, dasskeiner was gesehen haben will oder nichts sagt.»