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Ein Nachmittag mit Dee Ein Nachmittag mit Dee: Schwitzorgie für den Zuchtmeister

Von Jan Wätzold 07.09.2003, 18:51

Halle/MZ. - Nele will Ärztin werden. Glaubt ihr Vater. Der Hohenmölsener lungert gemeinsam mit anderen Erwachsenen vor dem Sportpark Halle herum und weiß nicht so recht, wie er sich die Zeit vertreiben soll. In der Halle treibt Tanz-Guru Detlef Soost alias Dee junge Leute zu Höchstleistungen.

Glücklicherweise hat zur Feier des Tages "Tupperware" einen Informationsstand aufgebaut. Mit dem Studium der Prospekte des Dosen-Profis lässt sich freilich kein ganzer Sonntagnachmittag überbrücken. Also sucht Neles Vater das Gespräch mit anderen Eltern. Eine Frau aus Merseburg, die vor zwei Stunden ihren Sohn hinter einer Reihe von braungebrannten Wachleuten hat verschwinden sehen, gibt sich interessiert und skeptisch zugleich: "Ärztin will sie also werden, ihre Große; na hoffentlich bleibt es dabei - nach dem Theater." Das "Theater" hat schon gegen Mittag mehr als 500 Mädchen, Jungen und junge Erwachsene vor das Tor des Sportparks getrieben. Um sich vom Zuchtmeister des aus dem Fernsehen berüchtigten Casting-Spektakels "Popstars" für das Showbusiness fit machen zu lassen, sind sie in Halles tristen Osten gepilgert. In der Tasche 15 Euro und Getränke. Beides muss am Eingang abgeliefert werden.

Drin in der Halle herrscht eine Atmosphäre wie beim Besuch eines amerikanischen Fernsehpredigers. Jede noch so nebensächliche Bemerkung der Einpeitscher wird euphorisch beklatscht. Dann endlich - unter dem Gekreisch der Massen und dem Getöse mehrerer Lautsprechertürme - springt Detlef Soost, der sich weltoffen Dee nennen lässt, auf die improvisierte Bühne. Der 31-jährige Schleifer verspricht nichts, was er nicht halten kann. Sicher, am Ende des mehrstündigen Choreografie-Trainings wird kein Meister vom Himmel gefallen sein. Noch nicht.

Aber: "Jeder, der möchte, kann heute Mitglied in Dees Dance Club werden." Und unter geschulter Anleitung üben, bis vielleicht eines Tages ein "megatoller" Auftritt in einem Video oder auf einer "supergeilen Megaparty" herausspringt. Dass das noch einmal Geld kostet, versteht sich eigentlich. Neles Vater tut trotzdem erstaunt, als seine Tochter mit hochrotem Kopf und Aufnahmevertrag vor ihm steht. "Ich kann doch was von Omas Konto nehmen", schlägt die 17-Jährige vor. Aber das Geld sei doch für das Studium. "Was soll das denn jetzt", fragt das Mädchen. Die skeptische Merseburgerin macht sich mit triumphierender Miene dünn.

Die Halle brodelt derweil dem Höhepunkt entgegen. In Gruppen muss Jede und Jeder auf der Bühne zeigen, was Dee sie oder ihn gelehrt hat. Es ist laut, es ist heiß, es stinkt - und es macht Freude.