Doppelmord im Mansfelder Land Doppelmord im Mansfelder Land: Festnahme beim Rahmschnitzel
Halle/Zug/MZ. - Den Tag wird der Schweizer Gastwirt Samuel Oberli so schnell nicht vergessen. "Gleich kommt ein Gewitter, man riecht das Wasser förmlich", sagte sein deutscher Gast am Dienstagabend. Zum Erstaunen der Einheimischen hatte er sich im Restaurant Oberli in Walliswil (Kanton Bern) zu ihnen an den Stammtisch gesetzt. "Er aß Rahmschnitzel mit Pommes Frites", sagt der Wirt. Gegen 23 Uhr aber war dann nicht ein Gewitter im Anmarsch, sondern die Polizei. "Etwa fünf Männer in Zivil betraten das Lokal. Sie zückten ihre Polizeiausweise und verhafteten den Deutschen. Er wusste kaum, wie ihm geschah und leistete keinen Widerstand", so Oberli zur Schweizer Zeitung "20 Minuten". Alles habe keine 30 Sekunden gedauert.
Ahnungslos bewirtet
"Ich hatte doch keine Ahnung, wen ich da bewirtete", so Oberli. Erst später erfuhr er, dass es sich bei seinem Gast um Gabor Torsten Sprungk handelt, den Mann, der seit Dienstag wegen des Doppelmordes von Mansfeld gesucht wird. In der Kleinstadt waren in der Nacht zum Montag eine 76-jährige Rentnerin und ein 64-jähriger Bereitschaftsarzt ermordet worden. Spuren im Haus der Rentnerin konnten Sprungk zugeordnet werden, der mit dem Mercedes des Arztes auf der Flucht war. Seitdem wurde nach ihm gefahndet.
"Als hätte er geahnt, was kommt, bestand der Deutsche nach jeder Bestellung darauf, gleich zu bezahlen", sagt Gastwirt Oberli. Inzwischen hatten auch die Schweizer Behörden schon einen Haftbefehl gegen den 36-Jährigen aus Friedrichrode ausgestellt. "Er steht im dringenden Verdacht, etwas mit dem Verschwinden von Maria Kämpf-Ribeiro zu tun zu haben", sagt Sandor Horvath, Sprecher der Strafverfolgungsbehörden in Zug. Seit dem 24. Juni 2007 ist die 47-jährige Verkäuferin aus Rotkreuz (Kanton Zug) verschwunden. Jede Suche nach der Mutter eines zehnjährigen Jungen blieb bisher erfolglos. Unter anderem war im Dezember sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz im Rhein nach der Leiche der Frau gesucht worden, weil ihr Handy in beiden Ländern geortet worden war. "Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen, erst recht nach den jüngsten Vorfällen in Deutschland", so Horvath. Sprungk und die Vermisste hätten sich gekannt - er sei auch in Deutschland schon zu ihrem Verschwinden befragt worden, nachdem er mit der gestohlenen EC-Karte der Frau Geld abgehoben hatte. Wegen dieser und anderer Taten hatte ihn das Landgericht Halle im April 2008 verurteilt.
Der Kfz-Schlosser war nach dem Verschwinden der 47-jährigen nach Deutschland zurückgekehrt. Zuvor hatte er drei Monate eine Wohnung in Altstätten (Kanton St. Gallen) - nahe der Gegend, in der die Polizei die Leiche von Kämpf-Ribeiro suchte. Als nett und unauffällig beschreibt ihn die Hauswirtin. Er habe mit einer Thailänderin zusammengelebt, sei dann aber verschwunden, ohne die Wohnung zu räumen.
Dass Sprungk sich nach dem Doppelmord in die Schweiz absetzen könnte, hatten auch die deutschen Behörden vermutet - erst recht als bekannt wurde, dass er in Hessen mit dem Mercedes seines Opfers einen Tankbetrug begangen hatte. Wie es nun weitergeht, ist noch offen. Zunächst sei ein Rechtshilfeersuchen an die Schweiz gestellt worden, um ihn dort vernehmen zu können, so Halles Staatsanwalt Klaus Wiechmann. "Wichtig ist erst einmal, dass er sitzt." Bevor der Verdächtige nicht befragt worden ist, will die Staatsanwaltschaft auch weiterhin keine Angaben dazu machen, auf welche Weise die Opfer in Mansfeld getötet wurden. Auch die Frage, ob der Mediziner bewusst auf das abgelegene Grundstück gelockt wurde, ließen die Behörden unbeantwortet. Im Ort hatte es nach der Tat geheißen, der Mediziner sei von einem Mann per Telefon zu der seit rund zehn Jahren alleinstehenden Rentnerin gerufen worden.
Unterdessen wird immer mehr aus der Vorgeschichte des mutmaßlichen Doppelmörders bekannt. Er sei im Alter von zwölf, 13 Jahren immer wieder von zu Hause ausgerissen, erzählt eine ehemalige Lehrerin von Sprungk. "Bis an die Ostsee oder Berlin verschwand er dann." Er habe gern im Mittelpunkt gestanden - auch mit der Geschichte, wie er bei einer seiner Ausreißertouren in Berlin ein Pferd gestohlen hatte und damit auf den Alexanderplatz geritten war. Als gewalttätig habe sie ihn damals aber nicht erlebt.
23-Jährige vergewaltigt
Das wurde er spätestens 1996. Da verurteilte ihn das Landgericht Halle wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu elf Jahren Haft. Sprungk hatte eine 23-jährige Mitarbeiterin einer Begleitagentur über elf Stunden gewaltsam festgehalten, sie viermal vergewaltigt und neunmal zu extremen sexuellen Handlungen gezwungen. Das Landgericht Dessau änderte das Urteil später in acht Jahre Haft ab. Der Vorwurf, auch eine 21-jährige Prostituierte vergewaltigt zu haben, war fallen gelassen worden, weil die Frau in ihr Heimatland Polen zurückgekehrt war.