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Der Fall Peggy Der Fall Peggy: Eine Spur führt nach Halle

Von peter engelbrecht 03.09.2013, 11:56
Der Gedenkstein mit dem Porträt von Peggy befindet sich auf dem Friedhof in Nordhalben (Bayern). Vor zwölf Jahren verschwand in Oberfranken das Mädchen Peggy spurlos.
Der Gedenkstein mit dem Porträt von Peggy befindet sich auf dem Friedhof in Nordhalben (Bayern). Vor zwölf Jahren verschwand in Oberfranken das Mädchen Peggy spurlos. dpa Lizenz

Bayreuth/Halle/dpa - Im Fall der vor zwölf Jahren spurlos verschwundenen Peggy aus Lichtenberg (Bayern) gibt es eine überraschende Wende: Die Staatsanwaltschaft Bayreuth ermittelt gegen einen Freund der Familie wegen Mordverdachts. Der 29 Jahre alte Mann aus Halle werde verdächtigt, das damals neunjährige Mädchen ermordet zu haben, bestätigte der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel. Der Verdächtige gehöre zum engsten Freundeskreis von Peggys Familie. Er soll wegen sexuellen Missbrauchs seiner zweijährigen Tochter in Halle bereits zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden sein und sitzt in Haft.

Dritter Verdächtiger

Laut Potzel wird gegen den Mann seit Juli 2013 ermittelt. Der Verdacht gegen zwei andere Männer habe sich in den vergangenen Wochen dagegen nicht erhärtet. „Er ist die Nummer drei der Tatverdächtigen“, sagte der Staatsanwalt. Der Mann habe schon früher im Visier der Ermittler gestanden, doch habe sich der Tatverdacht nicht erhärtet. Wie lange die Ermittlungen dauern werden, war unklar.
Wie der Radiosender „Antenne Bayern“ berichtete, war der damals 17-Jährige vor Peggys Verschwinden mehrmals zu Besuch in Lichtenberg. Die Polizei habe ihn seinerzeit in Verdacht gehabt, er soll die Ermittler jedoch bei seinem Alibi belogen haben. In Vernehmungen habe er gesagt, Peggy sei für ihn „wie eine Schwester“ gewesen.

Das Mädchen war im Mai 2001 verschwunden, bis heute fehlt jede Spur von ihm. Schließlich geriet der geistig behinderte Gastwirtssohn Ulvi K. aus Lichtenberg ins Visier der Ermittler. Er wurde im Jahr 2004 vom Landgericht Hof als Peggys Mörder rechtskräftig verurteilt. Doch Zweifel an seiner Schuld sind nie ganz verstummt. Sein Anwalt Michael Euler aus Frankfurt hat ein Wiederaufnahmeverfahren gestellt, um die Unschuld seines Mandanten zu beweisen. Im Oktober 2013 will die Staatsanwaltschaft Bayreuth ihre Stellungnahme dazu abgeben.

Gegen den Tatverdächtigen aus Halle bestünden gewisse Verdachtsmomente, bestätigte Euler. Er habe die Polizei vor zehn Jahren bei seinem Alibi angelogen. Damals hatte er behauptet, er habe sich am Tag des Verschwindens von Peggy Vormittags in der Schule und Nachmittags in einem Clubhaus nahe seines Wohnortes aufgehalten. In Wirklichkeit hatte er aber an dem betreffenden Tag und Tage später die Schule geschwänzt, heißt es in den Ermittlungsakten der Polizei. Er hatte sich mit weiteren Schulschwänzern in Halle aufgehalten. Die Polizei kam damals zum Ergebnis, es gebe weder eine Tatmöglichkeit noch ein Motiv.
Bei einer Wohnungsdurchsuchung des Mannes hatten die Ermittler auf einer CD kinderpornografische Aufnahmen gefunden. Dort soll auch Peggy mit ihrer später von der Polizei gesuchten Kleidung zu sehen sein, hieß es in einem Aktenvermerk vom Juni 2003. Auch im Zimmer des damals Tatverdächtigen fanden die Ermittler Hinweise auf Peggy. In einer Glasvitrine hatte der Mann den Namensschriftzug des Mädchens angebracht, zudem hatte er über seinem Bett zwei Fotos des Mädchens angebracht. Die Fahnder fanden weiter verschiedene Zeitungsartikel über das Verschwinden der Neunjährigen sowie Tagebucheinträge des Mannes über Peggy und deren Verschwinden. Auffällig: Der Mann trug nach Mai 2001 ein Medaillon mit dem Bild Peggys um den Hals.

Umstrittenes Urteil

„Ich kann nicht ausschließen, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um eine heiße Spur handelt“, erklärte Rechtsanwalt Euler. Er zeigte sich überzeugt, dass sein Mandant Ulvi K. unschuldig ist. „Ich halte dieses Urteil für falsch“, kommentierte Wolfgang Schwemmer, einer der früheren Verteidiger von Ulvi K., den Schuldspruch aus dem Jahr 2004. Seit Abschluss des Verfahrens habe er jedoch nichts mehr mit dem Fall zu tun gehabt, weitere Stellungnahmen wolle er deshalb nicht abgeben. Die Bürgerinitiative „Gerechtigkeit für Ulvi“ hielt den Verurteilten „von Anfang an für unschuldig“. Das sagte Vorsitzende Gudrun Rödel auf Anfrage.

Der Autor ist Redakteur beim Nordbayerischen Kurier.