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Colbitz-Letzlinger Heide Colbitz-Letzlinger Heide: Größtes Projekt zur Munitionsräumung abgeschlossen

Von Stefan Kruse 23.08.2007, 06:08
Ein großer Berg von Munitionsschrott lagert auf dem Truppenübungsplatz Altmark in der Colbitz-Letzlinger Heide. (Foto: dpa)
Ein großer Berg von Munitionsschrott lagert auf dem Truppenübungsplatz Altmark in der Colbitz-Letzlinger Heide. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Hottendorf/dpa. - Erst die Wehrmacht, dann die Sowjetarmee: sechsJahrzehnte diente die Colbitz-Letzlinger Heide nördlich von Magdeburgals militärischer Schießplatz, Generationen von Soldaten feuertenhier aus allen Panzer- oder Kanonenrohren. Jetzt hat die Bundeswehrauf dem 22 000 Hektar umfassenden Truppenübungsplatz Altmark dasgrößte Projekt zur Munitionsräumung in Deutschland abgeschlossen. Inzwölf Jahren förderten hunderte Fachleute und Arbeiter 2,9 MillionenGeschosse, 16 900 Tonnen Munitionsteile und 11 000 Tonnen Schrott ausder geschundenen Landschaft. 320 Millionen Euro kostete das bislang einmalige Vorhaben, das auch Vorbild für andere munitionsverseuchteÜbungsplätze sein soll.

Quadratmeter für Quadratmeter durchforsteten Soldaten, Expertendes Kampfmittelbeseitigungsdienstes Sachsen-Anhalt und bis zu 800Mitarbeiter privater Firmen den Übungsplatz, immer auf der Hut vorgefährlichen Sprengsätzen. «So eine Aufgabe hatte die Bundeswehr nochnicht zu bewältigen», sagt Hauptmann Lothar Weise, für dieEntmunitionierung zuständig. «Je nach Lage wurde der Boden bis ineine Tiefe von 2,5 Metern umgegraben. Die Beräumung lief natürlichmit Baggern und Räumgeräten. Vielfach war aber auch Handarbeitgefragt.»

Mit Hilfe elektromagnetischer Sonden orteten Arbeiter Sprengkörperoder Schrott und legten die Funde dann vorsichtig frei. «Bis zu 20sogenannte Störkörper je Quadratmeter haben wir gefunden», schildertein Mitarbeiter der Kampfmittelbergungsfirma Schollenberger. Häufigseien komplette Panzergranaten oder kompliziert aufgebauteMinengeschosse dabei gewesen. Laut Bundeswehr war etwa ein Drittelder Geschosse noch intakt. Das Größte hatte 80 ZentimeterDurchmesser, war rund zwei Meter lang und wurde einst von einemEisenbahngeschütz abgefeuert.

Für die Entsorgung der Munition - so sie nicht ausSicherheitsgründen vor Ort gesprengt werden musste - entwickeltenExperten ein spezielles thermisches Verfahren. In einer Art Ofendetoniert die gefährliche Munition bei etwa 350 Grad, bei bis zu 1100Grad werden anschließend Pulverrückstände und diverse chemischeSubstanzen vernichtet. Noch kann die Anlage nicht abgebaut werden.«Bis zu 5000 Tonnen Fundmunition lagern noch in speziellabgesicherten Bunkern», schildert Weise. «Es wird noch Jahre dauern,bis das alles entsorgt ist.» Der Restschrott wird an Metallhändlerzur Wiederverwertung verkauft.

«Das Projekt in der Colbitz-Letzlinger Heide hat Vorbildcharakterfür die Beräumung weiterer Übungsplätze», sagte der Koordinator derBundeswehr für die ostdeutschen Übungsareale, Hauptmann AndreasKönig. Eine ganze Reihe von Übungsflächen seien für die Bundeswehrmomentan nicht nutzbar, weil sie mit Geschossen und Schrott, aberauch anderen Altlasten kontaminiert seien. Ähnliche Projekte gebe esdeshalb etwa auf den Übungsplätzen Altengrabow an der Landesgrenzevon Brandenburg und Sachsen-Anhalt oder Ohrdruf in Thüringen, woebenfalls schon diverse Armeen probeweise ins Gefecht zogen.

Der Truppenübungsplatz Altmark, den die Bundeswehr nach dem Abzugder Roten Armee 1994 übernahm, wird auch nach der Räumung weitermilitärisch genutzt. Das Heer betreibt hier das modernsteGefechtsübungszentrum Europas, scharf geschossen wird jedoch Danksatellitengestützter Laser- und Computertechnik nicht mehr. Daherhaben auch Tiere und Pflanzen die einstige Mondlandschaft neuentdeckt, Teile des Geländes wurden zu europäischen Schutzgebietenerklärt. So ist die Beseitigung der Kampfmittel auch eine Chance fürdie Natur.