Chemiebranche Chemiebranche: Chef-Gehalt ist an Sicherheit gekoppelt
Berlin/MZ. - Auch der Verband der Chemischen Industrie Nordost ist erschüttert von dem tödlichen Arbeitsunfall in Wittenberg. Die deutschen Chemie-Unternehmen besitzen einen der höchsten Sicherheitsstandards weltweit, sagt Hauptgeschäftsführer Paul Kriegelsteiner im Gespräch mit MZ-Redakteur Steffen Höhne.
In der Chemie wird vielfach mit explosiven und giftigen Stoffen und Gasen gearbeitet. Gibt es daher auch viele Unfälle?
Kriegelsteiner: Nein, im Gegenteil. Die Chemie ist gemessen an den Arbeitsunfällen die sicherste Industriebranche Deutschlands. Je 1.000 Vollzeitstellen gab es im vergangenen Jahr 18,75 meldepflichtige Arbeitsunfälle. Darin enthalten sind auch sogenannte Wegeunfälle, etwa auf dem Weg zum Arbeitsort. Damit liegt die Chemie deutlich unter dem Gesamtniveau der Wirtschaft von 25,8 Unfällen. Im Baugewerbe liegt die Zahl bei 63, in der Metallbranche bei 43.
Was hat die Chemie getan, um die Risiken zu minimieren?
Kriegelsteiner: In den Chemiefirmen gibt es eine klare Sicherheitsausrichtung. Es arbeiten überall Mitarbeiter, die dafür ausgebildet sind, Risiken aufzuspüren. Es gibt regelmäßige Schulungen und Begehungen von Anlagen. Zudem hat die Branche mit Process-Net eine öffentlich zugängliche Datenbank angelegt, wo alle Vorfälle verzeichnet sind - auch nichtmeldepflichtige. Alle Unternehmen aus der Branche können so von Fehlern lernen. So verbessern wir uns kontinuierlich.
Auch das Gehalt der Chemie-Manager soll teilweise an die Sicherheit gebunden sein. Stimmt das?
Kriegelsteiner: Ja, so ist es. Die Unternehmen akzeptieren keine Arbeitsunfälle. Daher ist sehr häufig ein Teil des erfolgsabhängigen Einkommens der Führungskräfte daran gebunden, dass keine Unfälle passieren. Dies sorgt dafür, dass das Management stets die Sicherheit auch über die gesetzlichen Vorschriften hinaus im Auge hat.
Wie groß sind die Unterschiede in den Schutzmaßnahmen zwischen den Unternehmen? Gibt es Schwarze Schafe?
Kriegelsteiner: Die gesetzlichen Vorschriften sind sehr streng. Diese werden ständig überprüft und werden eingehalten. Viele unserer Mitgliedsunternehmen machen übrigens mehr als gesetzlich notwendig wäre. Deutschland hat in der Chemieindustrie daher eines der weltweit höchsten Sicherheitsniveaus.
Sind die regelmäßigen Inspektionen der Chemie-Anlagen ein besonderes Risiko, da viele Fremdfirmen mitwirken?
Kriegelsteiner: Das kann man nicht sagen. Die Mitarbeiter von Fremdfirmen werden eingewiesen, wie eigene Beschäftigte behandelt und müssen auch die entsprechende Qualifikation nachweisen. Dies wird schon in der Ausschreibung der Aufträge berücksichtigt. Bei den Arbeiten der Fremdfirmen auf dem jeweiligen Gelände sind immer auch Mitarbeiter des Chemie-Unternehmens beteiligt, weil diese die entsprechende Ortskenntnis besitzen.