CDU-Parteitag in Wittenberg CDU-Parteitag in Wittenberg: Christdemokraten warnen vor linkem Bündnis

Wittenberg - Kurz nach 14 Uhr lächelt er wieder. „Ich habe das Kriegsbeil begraben“, flötet Thomas Webel fröhlich über den Flur des Wittenberger Stadthauses in Richtung der Journalisten. Soeben ist Webel zum sechsten Mal im Amt des CDU-Landesvorsitzenden bestätigt worden, mit einem ordentlichen Ergebnis. Von den 204 Stimmberechtigten des Landesparteitags votierten 160 für den 60-jährigen Verkehrsminister aus der Börde, hinzu kamen 38 Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen. Weil letztere in der CDU-Mathematik als ungültig gelten, stehen knapp 81 Prozent auf der Haben-Seite. Drei Prozent mehr als vor zwei Jahren.
Mehrere Tiefschläge
Es ist, als falle eine gewaltige Last von Webels Schultern. Mit dem Ergebnis hatte wohl auch er nicht gerechnet, angesichts der Krise, in der seine Landespartei steckt: In Stendal besteht der Verdacht, dass ein CDU-Mitglied die Stadtratswahl gefälscht hat, in Wolmirstedt scheinen CDU-Mitglieder in einen Fördermittelskandal um den Bau einer Turnhalle verwickelt - geschehen in jener Zeit, als Webel im Landkreis Börde Landrat war. Natürlich wird dann immer auch die Dessauer Fördermittel-Affäre neu beleuchtet, in der ebenfalls CDU-Mitglieder im Fokus stehen. Und dann droht auch noch der SPD-Koalitionspartner von der Stange zu gehen; just am Tag des Parteitags in Wittenberg gründet SPD-Landeschefin Katrin Budde die linke „Magdeburger Plattform“ in der Bundes-SPD mit.
Hinzu kommen Tiefschläge beim Spitzenpersonal: Webels Vize, Innenminister Holger Stahlknecht, hat vergangene Woche vor dem Landesverfassungsgericht eine Niederlage im Zusammenhang mit dem Polizeigesetz einstecken müssen. Webels anderer Stellvertreter, CDU-Fraktionschef André Schröder, wurde in seinem Kreisverband böse abgestraft und bei einer Vorstandswahl auf Platz zwölf der Beisitzerliste durchgereicht. Und vergangene Woche versuchte Webel mit einer Rede im Landtag, in der Medienschelte statt Argumenten dominierten, die eigene Haut zu retten.
All das wabert über den Köpfen der Parteitagsdelegierten, als Webel zu seiner Rede ansetzt: Man hatte ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass Webel erneut zur Attacke übergeht. Wieder ist von Fehlinformationen in den Medien die Rede, zudem bürstet Webel Kritiker in den eigenen Reihen ab, die ihm vorwerfen, es durch die Landtagsrede nur noch schlimmer gemacht zu haben. Die Skandale seien vor allem eines - Einzelfälle: „Bei 7.000 Mitgliedern kann es doch einmal vorkommen, dass es ein Schwarzes Schaf in der Familie gibt.“
Wieso Thomas Webel von einer Schicksalswahl im Jahr 2016 spricht, lesen sie auf Seite 2.
Dann schwenkt Webel auf den Koalitionspartner SPD. Die tagesgleiche Gründung der Magdeburger Plattform? „Ich hätte den Ort als SPD-Vorsitzender anders gewählt, wo doch das Magdeburger Modell für Stillstand und Rückschritt standen“, sagt Webel mit Blick auf die Zeit von 1994 bis 2002, in der sich die SPD in Sachsen-Anhalt von den Linken (damals PDS) tolerieren ließ. 2016 stehe dem Land eine „Schicksalswahl“ bevor, „wir müssen ein erneutes rot-rotes Modell verhindern“, so Webel. Und er verweist darauf, dass die SPD derzeit mehr interne Probleme habe als mit der Union. Die SPD-Fraktion liege mit dem eigenen Finanz- und dem eigenen Kultusminister über Kreuz, und es sei Regierungschef Reiner Haseloff, der da vermitteln müsse.
Auch Haseloff, der mit keinem Wort auf die Probleme in der CDU eingeht, warnt eindringlich vor Rot-Rot. Es sei kein Zufall, dass sich ausgerechnet an diesem Tag die SPD-Linken in Magdeburg einfänden, „das ist eine strategische Entscheidung“. Es handele sich dabei um einen „vehementen Angriff“ auf den SPD-Bundesvorsitzenden Siegmar Gabriel. Und: „Wer der Nachfolge-Partei der SED die Priorität und den Gestaltungsspielraum überlässt, hat sich als SPD aufgegeben“, so Haseloff.
Man wolle keine andere Bundesrepublik und kein anderes Sachsen-Anhalt; „wir wollen in unserem Land keine Experimente mehr, die schon einmal in die Katastrophe geführt haben.“ Dann reicht Haseloff seinem Koalitionspartner aber doch wieder die Hand und verweist darauf, dass auch die SPD große Anteile daran habe, dass sich im Land „die Stimmung komplett gedreht hat“.
Drei Stellvertreter
Am Ende reichen beide Reden, um den Parteitag zu einen: Es gibt viel Beifall und adäquate Wahlergebnisse. Während Webel leicht zulegt, bekommt Innenminister Holger Stahlknecht bei der Wahl zum stellvertretenden Landesvorsitzenden sogar fast 90 Prozent Zustimmung - 2012 waren es 81,5 Prozent. Und der zweite Vize Schröder kann seine 86 Prozent halten. Nur eine muss büßen - Vorstandsquotenfrau Heike Brehmer. Die landes- wie bundespolitisch unauffällige Vorsitzende der CDU-Landesgruppe im Bundestag, die vor zwei Jahren 98,4 Prozent einfuhr, fällt als dritte Stellvertreterin auf 82 Prozent zurück. (mz)
