Carsharing Carsharing: Das geteilte Auto
HALLE/MZ. - Viele Sachsen-Anhalter teilen sich deshalb einen Wagen. Teilauto aus Halle, der größte Carsharing-Anbieter Ostdeutschlands, hat mittlerweile mehr als 8 200 Mitglieder. "Die Zahl der Kunden in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen ist im vorigen Jahr fast um ein Viertel gestiegen", sagt Nadine Siemer, Sprecherin des Unternehmens.
Die Carsharing-Idee: An verschiedenen Stationen in der Stadt stehen Autos, die per Anruf oder im Internet gebucht werden können. Die Mitglieder zahlen Gebühr und Kilometergeld. "Kostet nicht die Welt", mit diesem Slogan wirbt Teilauto auch mit dem grünen Anspruch seiner Kunden. Eberhard Schulz ist einer von ihnen. Seit 13 Jahren lebt der Sozialpädagoge der Diakonie in Halle, 50 Jahre ist er und hat noch nie ein eigenes Auto besessen. "Ich habe ja schließlich ein Fahrrad. Und es gibt die Straßenbahn", sagt er, während er den kleinen Tresor (Foto) an der Ausleihstation mit seiner Kundenkarte öffnet. In dem Kasten hängen Schlüssel, im Display steht, welches Fahrzeug auf dem Parkplatz in Halle er gebucht hat. 18 solcher Stationen mit 35 Autos gibt es in der Stadt. "Ich brauche ein Auto eigentlich nur für Transporte oder wenn ich jemanden abholen muss", sagt der gebürtige Hamburger.
Auch Steffen Carius hat noch nie ein eigenes Auto besessen. Beruflich kann der Altenpfleger einen Firmenwagen nutzen. Der 45-Jährige hat die Teilauto-Mitgliedsnummer 11. "Und die ersten zehn Nummern haben wir damals freigelassen, für Geschäftskunden." 1993 hatten zehn ebenso ökologie- wie ökonomiebewusste Hallenser als Verein einen Skoda Favorit gekauft und gemeinsam genutzt. "Das waren Freunde und Bekannte, einige waren nach der Wende in der Grünen Liga tätig", erzählt Carius von den Anfängen von Teilauto. Der Skoda kostete damals 12 000 Mark, und es gab Fördermittel.
Heute hat die hallesche Firma eine Fahrzeugflotte von 255 Autos unter anderem in Halle, Leipzig, Dresden, Erfurt, Wittenberg, Dessau und Merseburg. Längst ist die größte Carsharing-Firma in den neuen Bundesländern den Vereinsstrukturen entwachsen. Seit 2004 werden die inzwischen 154 Stationen von einer GmbH betrieben, die im vergangenen Jahr 2,5 Millionen Euro umsetzte. Noch 2005 waren es nicht mal 900 000 Euro.
Das Interesse am Carsharing wächst, auch in kleineren Kommunen. Aber es gibt Grenzen, so Nadine Siemer von Teilauto. "Wirtschaftlich Sinn macht das Angebot in Städten mit rund 100 000 Einwohnern. Ausnahmen bilden Kommunen wie Merseburg, mit einem studentischen Publikum." Die andere Variante wäre ein Modell, bei dem sich Freiwillige ehrenamtlich um eine Station kümmern. "Neben den größeren Anbietern wie Teilauto oder Greenwheels mit stärker kommerziellen Interessen gibt es viele kleinere Vereine, bei denen mehr auf Ehrenamt gesetzt wird", sagt Dirk Barke vom Bundesverband Carsharing.
So wie in Halberstadt, Thale und Burg. Magdeburg hat ebenfalls einen Verein. Der hat 150 Mitglieder und bietet an fünf Stationen sieben Fahrzeuge an. "Wir wachsen stetig, aber langsamer", so Vereinschef Bernd Hartmann mit Blick auf die Hallenser. Insgesamt hat der Bundesverband als Dachorganisation rund 120 Mitglieder, die Carsharing deutschlandweit mittlerweile in knapp 270 Orten anbieten.
Im Osten ist das Teilen des Autos deutlich weniger verbreitet als im Westen. "Zum einen leben im Osten weniger Menschen im Umland der großen Städte als in Bayern oder Baden-Württemberg", sagt Barke. Zum anderen vermutet er, dass im Osten der Wunsch, ein eigenes Auto zu besitzen, einen deutlich höheren Stellenwert habe.
Das System des Autoteilens wird ständig ausgebaut, seit einigen Jahren sind zwischen den meisten Vereinen und Firmen im Bundesverband Querbuchungen möglich. Viele sind auch mit dem Carsharing der Deutschen Bahn verknüpft. Die Bahn nutzt vor allem die Autos der lokalen Initiativen. Das Sevicecentrum für deutschlandweite Buchungen an den Bahnhöfen befindet sich in Halle.
Unterdessen rollt auch Teilauto weiter. Nach dem Expansionskurs der vergangenen Jahre wird ein ruhiger Kurs gefahren. "2008 ist zuletzt Jena dazugekommen. Wir wollen uns jetzt vor allem in den Städten etablieren, es sollen weitere Stationen eröffnet werden", sagt Siemer. Die Wachstums-Vision: In den Teilauto-Städten sollen es von jedem Ort nur 300 Meter bis zur nächsten Station sein.