Bahnbetreiber Abellio Bahnbetreiber Abellio: Die Zukunft des Regionalverkehrs ist silbergrau

Naumburg - Im Dezember übernimmt der private Bahnbetreiber Abellio von der Deutschen Bahn AG mehrere Strecken im Süden Sachsen-Anhalts, darunter von Halle nach Sangerhausen und Kassel sowie Richtung Naumburg und Erfurt. Um zu verstehen, was das bedeutet, fährt man am besten per Bahn von Halle nach Naumburg, wo Abellio am Montag seine neuen Züge vorgestellt hat.
Die derzeit von der Deutschen Bahn auf dieser Strecke eingesetzten Waggons sind Jahrzehnte alt, mehrfach modernisiert. Um einzusteigen, muss man mehrere Stufen überwinden, Platz für Fahrräder gibt es kaum. Die Züge sind laut, sie rumpeln regelrecht über die Gleise. Die Fenster lassen sich öffnen, dafür sind die Wagen nicht klimatisiert.
Ab Dezember soll sich all das ändern. Die Zukunft steht in Naumburg auf Gleis 4 - ein silbergrauer Elektrotriebwagen vom Typ Talent 2, wie er mittlerweile zu Hunderten in ganz Deutschland unterwegs ist. Stufenlose Einstiege, Klimaanlage, Steckdosen an jedem Platz, große Fahrradabteile, mehr Beinfreiheit. In jedem Zug gibt es Ticket-Automaten, auch ein Schaffner fährt mit. „Wir setzen auf Service und gute Kundenbetreuung“, sagt Abellio-Geschäftsführer Dirk Ballerstein.
Fahrgäste haben das freilich weniger dem neuen Betreiber zu verdanken als den Ländern Sachsen-Anhalt und Thüringen. Sie hatten die Strecken zum Betrieb ausgeschrieben und die Qualitätsstandards gesetzt. Dazu zählt auch drahtloser Internet-Empfang (WLAN). Mittelfristig sollen alle Regionalzüge in Sachsen-Anhalt darüber verfügen, auch die anderer Betreiber. „Wir sehen darin einen echten Mehrwert der Bahn gegenüber dem Auto“, sagt Rüdiger Malter, Chef der landeseigenen Nahverkehrsgesellschaft Nasa.
Die 35 Abellio-Züge verfügen bereits abschnittsweise über sogenannte Mobilfunk-Repeater, die das Funksignal verstärken. WLAN soll rasch folgen. „Bis zum Betriebsstart wird das nicht mehr klappen, aber zügig danach“, sagt Abellio-Betriebsleiter Stephan Schreier. Offen sei noch, mit welchem Netzanbieter der Vertrag geschlossen werde. Entscheidend sei eine möglichst flächendeckende und stabile Netzabdeckung.
Zur Wahrheit gehört: Hätte die Deutsche Bahn den Zuschlag für das künftig von Abellio betriebene Netz bekommen, auch sie hätte nach den Vorgaben der Länder moderne Fahrzeuge eingesetzt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der bisher eingesetzte Fuhrpark ist hoffnungslos veraltet.
Für den Staatskonzern ist die Vergabe an Abellio ein herber Schlag, er verliert einen Auftrag in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro und mehr als acht Millionen Fahrgäste im Jahr. Und das ist kein Einzelfall. Zuletzt waren mehrere Linien in Sachsen an das Unternehmen Transdev (ehemals Veolia) gegangen, das in Sachsen-Anhalt den Harz-Elbe-Express betreibt. Deutschlandweit ist die Bahn AG zwar auch im Regionalverkehr immer noch der Platzhirsch. Doch die Konkurrenten holen auf. Der Marktanteil der Bahn ist auf rund 70 Prozent gesunken.
Auch in Sachsen-Anhalt wird der Bieter-Wettkampf demnächst wieder aufleben. Das Land will 2018 das „Dieselnetz Sachsen-Anhalt“ vergeben, nahezu alle Strecken im Land, die nicht elektrifiziert sind. Man kann davon ausgehen, dass Abellio sich auch hier bewerben wird. Schließlich hat das Unternehmen schon kräftig investiert in Sachsen-Anhalt, darunter zehn Millionen Euro in eine neue Werkstatt in Sangerhausen. (mz)
