Bad Kösen Bad Kösen: Geldnot am Göttersitz
Bad Kösen/MZ. - Ein kleines Juwel im an Schmuckstücken nicht armen Burgenland ist dieses Bad Kösen. Malerisch hat sich die Saale in den Muschelkalk gegraben. Leckerer Wein wächst dort, es hat allerlei Sehenswürdigkeiten - von der Rudelsburg bis zum Kloster Schulpforta. Es gibt drei Parks, zwei Museen. Dass die Weinlage offiziell Göttersitz heißt, fühlt sich nicht weit hergeholt an. Doch Bad Kösen hat chronische Geldsorgen.
Wenn man die Statistik wörtlich nähme, könnten die Bad Kösener nur gebückt durch ihre Straßen laufen. 33 Millionen Euro Schulden hat die Stadt, bei 5 360 Einwohnern lasten also 6 156 Euro auf jedem Einwohner. Zum Vergleich: In Bad Lauchstädt im Saalekreis, auch eine schönes Fleckchen, sind die fast 5 000 Einwohner pro Kopf mit nur 219 Euro verschuldet.
Bad Kösen ist laut Innenministerium die notleidendste Gemeinde in Sachsen-Anhalt. Die Stadt kommt ohne die Nothilfe aus Magdeburg nicht aus, nunmehr zwölf Jahre in Folge hat das Land Bad Kösen unter die Arme gegriffen, mit insgesamt exakt 24 547 870 Euro. Und das wird so weiter gehen, wohl noch zehn Jahre, mit zwei Millionen Euro jedes Jahr.
Die trostlose Lage trägt der parteilose Bürgermeister Christoph Emus mit Fassung. "Das ist eine bedauerliche Situation, ich habe deswegen aber noch kein Gewicht verloren", sagt das korpulente Stadtoberhaupt. Aber Emus, seit 1994 im Amt, ist auch gar nicht schuld an der Misere, er hat sie quasi von seinem Amtsvorgänger geerbt.
"Ich habe hier noch keinen neuen Kredit aufgenommen." Das Stichwort zu den Geldsorgen am Göttersitz heißt nämlich "Mutiger Ritter". Er ist schuld an der Hälfte der 33 Millionen Miesen. "Mutiger Ritter" hieß die nach der Wende gegründete Kurhotel-Gesellschaft im Besitz der Stadt. Der schöne Effekt des umgewandelten DDR-Sanatoriums "Ernst Thälmann" war, dass dadurch weitere Kurkliniken öffneten und Bad Kösen heute noch Kurort ist. Es ging auch einige Jahre gut mit der Ritter-GmbH. Doch dann kam die Gesundheitsreform Ende der 1990er. Sie hat dem mutigen Ritter das Genick gebrochen. Die Belegung der 180 Betten ging dramatisch zurück. Ein Rettungsversuch scheiterte. Die GmbH ging Pleite. Die Stadt musste Schulden über umgerechnet 18 Millionen Euro übernehmen, hinzu kamen Abfindungszahlungen an die Mitarbeiter und Ähnliches.
So summierten sich die Verpflichtungen mit samt Zinsen. Auch nach den bisherigen Rückzahlungen sind noch Ritter-Schulden von 17 Millionen übrig. Dabei bewegt sich die Stadt bei ihren eigentlichen Einnahmen und Ausgaben laut Bürgermeister zwischen fünf und sieben Millionen Euro. Bei diesen Dimensionen seien die jährlichen zwei Millionen für Zins und Tilgung aus eigener Kraft nicht zu schaffen. Wo vielerorts auf das Land geschimpft wird, Stichwort Einheitsgemeinden - in Bad Kösen denkt man gut über das ferne Magdeburg. "Wir sind wirklich dankbar, dass wir die Hilfen bekommen", sagt Emus. Zwar musste Bad Kösen den Gürtel enger schnallen. Die Jugendherberge musste geschlossen werden, den Tierpark musste ein Verein übernehmen, das Rathaus etwa und auch die Kirche müssten saniert werden.
Dank der Finanzspritzen ist aber ein Ende der Leiden in Sicht. "In zehn Jahren ist der Mutiger-Ritter-Kredit abbezahlt", so Emus. Ob er das als Bürgermeister erlebt, weiß er nicht. So könnte seine Amtszeit komplett im Zeichen chronischer Geldsorgen gestanden haben. "Gute und schlechte Tage gibt es in jedem Job", sagt Emus. "Es ist immer schön, Bürgermeister in seinem Heimatort zu sein."