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Ausstattung Ausstattung: Tambourstab der Polizei

Von Raimund Leonhardt 13.04.2007, 19:37

Köthen/MZ. - Er ist 40 Zentimeter lang, schwarzweiß gestreift und von innen beleuchtet: Der Reglerstab der Volkspolizei. In Sachsen kehrt er offiziell in den Dienst zurück - dort sollen neue Exemplare angeschafft werden. Auch in Sachsen-Anhalt ist der Stab noch nicht aus dem Polizeialltag verschwunden. Ob er eine Zukunft hat, ist hier allerdings fraglich.

Bei vielen Beamten steht das Utensil jedes DDR-Verkehrspolizisten jedenfalls nach wie vor hoch im Kurs. Im Bereitschaftsraum des Polizeirevieres Köthen zum Beispiel liegen gleich mehrere der alten Kunststoffknüppel griffbereit auf dem Schrank. "Damit lässt sich einfach prima regulieren", sagt Polizeihauptmeister Torsten Staschel.

"Es kommt halt alles mal wieder", kommentiert Polizeihauptkommissar Klaus Kartheuser, Leiter des Verkehrsdienstes in Köthen, die Meldung über die Rückkehr des Stabes nach Sachsen. Nach der Wende hat die Anhaltekelle den schwarzweißen Stab verdrängt. Sie war seit Jahren im Westen im Gebrauch und gehört inzwischen auch im Osten zum Standard der Polizeiausstattung.

Der Einsatz des Verkehrs-Reglerstabes aus DDR-Zeiten ist indes nach wie vor zulässig, sagt Klaus-Peter Knobloch, Sprecher des Magdeburger Innenministeriums und verweist auf die Straßenverkehrsordnung. In Sachsen-Anhalt sei die Neuanschaffung von Reglerstäben allerdings nicht geplant. "Wir bleiben bei der Haltekelle", betont Knobloch. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kelle sehr effektiv ist."

Das sehen freilich nicht alle Polizisten so. "Die Kelle ist zum Regeln des fließenden Verkehrs nicht geeignet", sagt Kartheuser. Das rote Licht und der schlichte Kellentext "Halt" führten in der Praxis immer wieder zu Irritationen bei den Autofahrern.

Deshalb regelten viele Beamten eine Zeit lang ohne Hilfsmittel, einfach mit Händen und Armen den Verkehr. Bis sie auf das bewährte und beliebte Hilfsmittel aus der Volkspolizei-Zeit zurück griffen. Staschel und Kartheuser loben vor allen Dingen das Licht im Stab, mit dessen Hilfe der Regler auch im Dunkeln gut zu erkennen sei. Und für die Beamten bringe das zudem mehr Sicherheit, weil sie besser erkannt werden.

"Manche Sachen aus der DDR erweisen sich halt erst im Nachhinein als nützlich", sagt Eberhard Lange und schmunzelt. Er weiht die Schüler seiner Köthener Fahrschule auch in die Geheimnisse der

Zeichensprache eines uniformierten Verkehrsreglers ein. Zwar seien die Abbildungen im Lehrbuch alle ohne Stab gezeichnet. Was aber nichts an ihrer Bedeutung ändere. Lediglich die aus der DDR-Zeit bekannte Dreiseitensperrung, bei der nur die Linksabbieger fahren durften, gebe es nicht mehr.

Was aber so nicht immer mit der Praxis übereinstimmt. Staschel und seine Kollegen nutzen diese Regelung nach wie vor, weil die Dreiseitensperrung eine "super Sache" sei, wie der Hauptmeister sagt. Der 37-Jährige, seit 1992 bei der Polizei, hat das Regeln mit Stab gar nicht an der Polizeischule gelernt. Er wirbelt aber mit dem Gerät herum wie ein Kapellmeister mit seinem Tambourstab - was keine Show, sondern gelegentlich nötig sei, um dem Autofahrer zu signalisieren: "Sie dürfen noch fahren".

Wer allzu heftig den Stab am Lederarmband kreisen lässt, der muss allerdings damit rechnen, dass die Innenbeleuchtung schwungvoll aus dem Lampenkörper fliegt. Dagegen gebe es aber ein bewährtes Mittel, erzählt Staschel: "Der Verschluss wird einfach zusätzlich befestigt, dann hält das".

An der Polizeischule in Aschersleben gehört das "Verkehrsregeln durch Handzeichen" zum festen Ausbildungsprogramm, so Klaus Kartheuser. "Auch der Stab wird von den Polizeischülern benutzt", sagt Polizeihauptmeister Hartmut Hennig. Er hat in Köthen ganze Generationen von Polizisten und Helfern am Verkehrsreglerstab ausgebildet und stand selbst 15 Jahre mit dem Teil auf der Kreuzung.

Ein Problem ist indes die Ersatzteilfrage. Die meisten der Stäbe, die Sachsen-Anhalts Polizisten verwenden und wie ihren Augapfel hüten, stammen noch aus der DDR-Produktion. Zwar gab es nach der Wende kurzzeitig einen Hersteller, der sich auf neue Teile für den Reglerstab spezialisiert hatte. Doch als dieser aus der Fertigung ausstieg, war Ende.

Um ihrem "verlängerten Arm" im Straßenverkehr die Zukunft zu sichern, hoffen die Polizisten in Köthen nun, dass bald ein Hersteller gefunden wird, der Ersatzteile für den Reglerstab liefern kann. Schließlich möchten sie die Stäbe auch künftig in Sachsen-Anhalt einsetzen können.