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Angeklagter schweigt beharrlich Angeklagter schweigt beharrlich: Prozess nach Nazi-Schmierereien in Salzwedel

Von Dörthe Hein 14.04.2016, 12:21
Beschmiert: Naziparolen an einem verglasten Abstellplatz für Einkaufswagen in Salzwedel
Beschmiert: Naziparolen an einem verglasten Abstellplatz für Einkaufswagen in Salzwedel dpa-Zentralbild

Stendal -  Im Berufungsprozess um massenhafte Nazi-Schmierereien in Salzwedel hat der Angeklagte erneut die Aussage verweigert.

Sein Pflichtverteidiger sagte am Donnerstag zum Auftakt am Landgericht Stendal für ihn: „Er macht keine Angaben“. Schon im ersten Prozess am Amtsgericht Salzwedel hatte der 23-Jährige geschwiegen.

Er war im Oktober vergangenen Jahres freigesprochen worden. Die Indizien reichten für eine Verurteilung nicht aus.
Die Staatsanwaltschaft hingegen hält den bekennenden Rechtsgesinnten verantwortlich für die teils rechten Symbole - wie Hakenkreuze - und Parolen auf Hauswänden, an Scheiben, Fahrzeugen und an einem Gedenkschild für eine Synagoge.

Die Schmierereien in der altmärkischen Kleinstadt hatten bundesweit für Aufsehen und Empörung gesorgt. Der Angeklagte soll sie in der Nacht zum Tag der Deutschen Einheit 2013 gemeinsam mit drei anderen Männern gesprüht haben. Sie landeten nicht vor Gericht, weil die Beweise nicht ausreichten. Die Anklage war nicht zugelassen worden.
Das Verfahren konzentriert sich also auf den 23-Jährigen: Der großgewachsene, kräftige, blonde Angeklagte mit Nasenring und Tunnelohrringen saß am Donnerstag sichtbar müde neben seinem Verteidiger.

Er schaute oft zur Uhr. Er musste sich das Urteil des Amtsgerichts Salzwedel nochmals anhören, auch die Begründung der Staatsanwaltschaft für die Berufung, Zeugen wurden gehört.

Wer ist der Mann, der nächtens durch Salzwedel gezogen und dabei an 45 Stellen Schmierereien hinterlassen haben soll? Das Amtsgericht Salzwedel vermerkte in seinem Urteil, der junge Mann habe einen Realschulabschluss, sei Anlagenfahrer mit etwa 1000 Euro Nettoverdienst. Er lebe etwa zwölf Kilometer vom Salzwedeler Stadtzentrum entfernt zusammen mit seinem Vater und seinem Großvater. Der Vater putze ihm das Zimmer. Die Eltern sollen sich 1997 getrennt haben.

Ein Unbekannter ist der 23 Jahre alte Angeklagte bei Polizei und Justiz nicht. Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung stehen auf der Liste, die 2010 beginnt, und die der Vorsitzende Richter am Donnerstag vorlas.

Eine erste Zeugin in dem neuen Prozess schilderte am Landgericht, wie sie in der Tatnacht vier verdächtige, schwarz gekleidete Männer aus einem Auto aussteigen sah. Auffällig hätten sie sich umgeblickt, einer habe eine Sturmhaube aufgesetzt, zwei andere die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Sie könne nicht sicher sagen, ob der Angeklagte dabei war. Auf bohrende Detailfragen des Verteidigers kommen der 37 Jahre alten Krankenschwester die Tränen. „Wissen Sie was, ich hab keine Lust mehr. Ich war schon so oft bei der Polizei.“
Das Landgericht Stendal hat vier Verhandlungstage bis zum 2. Mai geplant.