7. Schlittenhunderennen 7. Schlittenhunderennen: Schlammbad in Pullman City
Hasselfelde/MZ. - Die Gasheizung im kleinen Wohnwagen soll es richten. Nicht das unangenehme Gefühl, das angesichts des böigen Windes und der Luftfeuchtigkeit draußen entsteht. "Im Schrank über der Heizung wird es schön warm, da trocknen die Sachen gut", sagt Kerstin Nitsch mit einem Lächeln. Da fällt der Schlamm ab.
Aufgeweichter Boden
Es ist 11.40 Uhr, als die 34-Jährige aus Halberstadt am Sonnabend zum zweiten Mal beim Schlittenhunderennen in der Westernstadt Pullman City in Hasselfelde (Landkreis Wernigerode) startet. Die erste Disziplin "Laufen mit Hund" hat sie hinter sich. Diesmal wird es schwerer, wenn ihr Siberian Husky "Akimo" sie mit dem Mountain-Bike zieht. Von sibirischer Kälte ist nichts zu spüren in Hasselfelde, an Schnee nicht zu denken. Statt dessen führt die 5,5 Kilometer lange Route über weite Teile auf unbefestigten, durch Regen aufgeweichten Wegen entlang. Nitsch rutscht mit dem Rad weg, verliert Zeit, erhält aber eine Extra-Schlammpackung als Beigabe - wenn auch mit zweifelhaftem kosmetischen Effekt.
Von der Schlammpackung werden wenige verschont bei diesem Rennen, das mit 88 Gespannen, 20 startenden Kindern und 290 Hunden einen neuen Teilnehmerrekord verzeichnet. Es ist das vierte Mal, dass in Hasselfelde kein Schnee liegt, statt Schlitten und Skiern Trainingswagen und Räder zum Einsatz kommen. Spätestens am Ziel wird deutlich, wie viel nasse Erde die Hundepfoten den Zweibeinern auf dem Wagen hinter ihnen bei Tempo 30 und mehr entgegenschleudern. Die Bodenbedingungen, sagt Rennleiter Wolf-Dieter Polz vom Sportverein Reinrassiger Schlittenhunde Deutschland, sind nicht optimal. "Aber es gibt schlimmere, da sammeln Sie am Ende stecken gebliebene Gummistiefel ein", erzählt er, während er im Zwei-Minuten-Abstand die Starter ins Rennen schickt.
Die Hunde scheint's nicht zu stören. Sie mögen Frost und Schnee, aber vor allem eins: rennen. Ungeduldig bellen sie, zerren an den Zugleinen, sobald es zum Start geht. Ohrenbetäubend. Bremser und Helfer haben gut zu tun, die Meute so lange ruhig zu halten, bis sie loslaufen darf. Trotz der vergleichsweise hohen Temperaturen. "Ab 15 Grad geht gar nichts mehr", sagt Nitsch. Dann verliert auch ein Schlittenhund seine Bewegungsfreude.
Die Rennsaison läuft vom Spätherbst bis März, und der Harz gilt als Hochburg des Schlittenhunde-Sports. Vier der sechs Wertungsläufe zur Internationalen Norddeutschen Meisterschaft finden dort statt - in Hasselfelde, Halberstadt, Benneckenstein und Tanne. Diesmal wirft Rennleiter Polz aus doppeltem Grund ein Auge auf Ergebnisse: Er ist Teamchef der Nationalmannschaft, das Rennen ist der erste Wertungslauf zur Weltmeisterschaft im Februar in Italien. Dort gibt es einiges zu verteidigen: Bei der jüngsten WM gewann Deutschland die Nationenwertung.
Sportliche Meriten, von denen Christian Helm aus Griebo (Landkreis Anhalt-Zerbst) weit entfernt ist. "Ich muss nicht gewinnen", sagt der mit 68 Jahren älteste Starter in Hasselfelde. "Ich will nur dabei sein. Für mich ist unser Verein wie eine Familie." Vor elf Jahren fuhr Helm sein erstes Rennen, heute hat er sechs Huskies.
Ein Full-Time-Hobby, weiß auch Kerstin Nitsch. Auf sechs Stunden hat sie ihre Arbeitszeit bei der Justiz beschränkt, um sich um die Tiere und ihr eigenes Training kümmern zu können. Krafttraining, fünf Mal die Woche. "Lauftraining nutzt wenig, sie brauchen ganz andere Muskeln, wenn ein Hund vor Ihnen zieht", sagt sie. Nitsch träumt von einer WM-Teilnahme in Italien. Den Europameistertitel im "Laufen mit Hund" hat sie im Dezember geholt - als eine von drei Titelträgern bei der erst 2006 gegründeten Sektion bei Germania Halberstadt. Sohn Rubi Torsten fährt längst auch Rennen. "Schlittenhunde sind wie ein Virus. Wenn man davon befallen ist, wird man ihn nicht wieder los", sagt Nitsch.
Fans begeistert
Ein Virus, der selbst Fans befällt. Mehrere tausend Zuschauer zieht das Rennen in Hasselfelde an. "Eigentlich wollten wir Schneeurlaub machen, aber das hier ist auch Klasse", sagen die Westernfans Helfried und Maren Götz aus Ostfriesland. Selbst Jack-Russel-Terrier Toffee ist begeistert - und würde wohl am liebsten mitrennen.