1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zeitz
  6. >
  7. Zwölftklässler reden über die DDR

Zwölftklässler reden über die DDR

Von UTA KUNICK 09.11.2009, 18:39

Droyßig/MZ. - Der 9. November in der deutschen Geschichte. Mit diesem Thema befassten sich am Montag die Gymnasiasten aus der Christophorusschule Droyßig. Schüler der zwölften Klassen hatten zu drei bedeutenden Ereignissen, die dieses geschichtsträchtige Datum tragen, Referate ausgearbeitet (siehe Beitrag: Der 9. November in der deutschen Geschichte). "Heute vor 20 Jahren hat auch ein Mann vor einer Menschengruppe gestanden", begann Roald Weidenmüller seinen Vortrag mit einem Vergleich. Allerdings habe es sich damals nicht um einen angehenden Abiturienten gehandelt, der vor versammelter Schülermannschaft sprach.

An jenem 9. November 1989 machte Günter Schabowski von sich reden. Der damalige Pressesprecher des neuen Politbüros der DDR gab vor Journalisten aus der ganzen Welt eine Pressekonferenz, wobei ihm ein fataler Fehler unterlief, was zur Maueröffnung führte. Die Wiedervereinigung Deutschlands sollte nicht als geschlossener Prozess abgehakt, sondern als fortlaufender betrachtet werden, meinte Roald Weidenmüller und appellierte an die Schüler: "Es liegt in unserer Hand, diesen Prozess voranzutreiben." Bei der Verwirklichung dieser Tat sollte man eines nicht vergessen, fügte der 17-Jährige an und beendete seinen Vortrag mit einem Massenruf, der im Herbst 1989 die Montagsdemos in Leipzig begleitete: Wir sind das Volk.

Die MZ wollte wissen, welche Rolle die DDR-Geschichte für Jugendliche spielt, die zu dieser Zeit noch gar nicht auf der Welt waren. Dazu wurden im Anschluss an die Veranstaltung drei Zwölftklässler befragt. "Ich denke, die DDR-Geschichte spielt auch für unsere Generation noch eine große Rolle", meinte Roald Weidenmüller. Seine Begründung: Die Zukunft kann man nur gestalten, wenn Lehren aus der Geschichte gezogen werden. Und Fehler seien sowohl in der DDR als auch in der BRD gemacht worden.

Henrik Aeikens erinnerte sich daran, wie er nach der Wende mit seinen Eltern von Hannover nach Drackenstedt zog. "Wir wurden warm und herzlich aufgenommen", sagte der 18-Jährige, der in dem kleinen Ort im Norden der Magdeburger Börde den Kindergarten besuchte. Die Kinderbetreuung sei in der DDR gut gewesen, resümierte der Gymnasiast. Das höre man heute noch bei Gesprächen mit Bürgern aus den alten Bundesländern heraus. "Überhaupt war die allgemeine Bildung in der DDR doch gar nicht so schlecht", meinte Konrad Schneider. Damals, erklärte der 19-Jährige, habe ein Berufsabschluss noch einen hohen Stellenwert gehabt, was dazu führte, dass nicht so viele Schüler aufs Gymnasium strömten wie heute. Von der DDR-Regierung sei ein Dogmatismus ausgegangen, kritisiert Roald Weidenmüller das politische System, das mit Einschränkungen der Menschenrechte einherging. "Und was Wahlrecht bedeutet und Reisefreiheit, das haben die Bürger in jenem Teil Deutschlands erst nach der Wende kennengelernt", sagte der 17-Jährige. Ihr Wissen über die DDR bezogen die Befragten aus Gesprächen mit Erwachsenen, aus Büchern und aus dem Unterricht. "Ich würde mir wünschen, dass die DDR-Geschichte im Lehrplan einen größeren Raum einnimmt", sagte Konrad Schneider. Bisher habe er mehr über die Weimarer Republik erfahren. "Aber vielleicht steht das noch mit auf dem Plan", räumte der Zwölftklässler ein. Musik aus jener Zeit bedeutet den drei Jugendlichen heute nichts mehr. Bands wie die Puhdys, Karat und Silly kennen sie nur noch vom Namen. Dafür hat Henrik Aeikens "Paul und Paula" gesehen. "Das war doch der Aufklärungsfilm der DDR."

Schulleiter Burkhard Schmitt hatte als Referenten bewusst drei Gymnasiasten gewählt. Das komme bei den Mitschülern ganz anders an, als wenn ein Fremder eine Rede hält, argumentierte er.