Zirkusgastspiel Zirkusgastspiel: Tiger Simba hamstert Häppchen
Weißenfels/MZ. - In der einen Hand hält er einen dampfenden Kaffeepott und in der anderen einen Stapel Briefe. Während Thomas Frank die Post der letzten Tage studiert und gelegentlich an seiner Tasse nippt, trommeln die Regentropfen unermüdlich auf das Dach seines Wohnwagens. In einer halben Stunde wird er das rollende Häuschen verlassen. Keine schöne Vorstellung, denn eigentlich tritt man an trüben Nachmittagen wie diesem lieber nicht vor die Tür.
Doch für Thomas Frank heißt es in 30 Minuten "Show-Time". Dann wird er trotz Regenwetter gut gelaunt und konzentriert vors Publikum treten und eine wahrlich heiße Nummer darbieten. Der 23-Jährige arbeitet in der dritten Saison als Feuerschlucker beim "Circus Baronn". Routiniert greift der Mann zu den Show-Utensilien. Von Hektik vor dem Auftritt keine Spur.
Unerwartet ruhig geht es auf dem gesamten Zirkusgelände zu. Die Weißenfelser Badanlagen - dort zeigten die Artisten zwei Tage lang ihr Können - sind nahezu menschenleer. Vom Raubtier-Dompteur Erich Horlitz zum Beispiel ist nichts zu sehen. Seine tierischen Arbeitskollegen Simba und Schakan liegen entspannt in ihrem Käfig. "Die Tiger wissen schon, wann es losgeht", erklärt Zirkusleiterin Rita Baronn. In zwanzig Minuten werden sie von Podest zu Podest springen und für jedes Kunststück einen schmackhaften Fleischbrocken verlangen. Bis dahin ruhen die Jungtiere friedlich in einem Wagen hinter dem Chapiteau.
Ein Nickerchen gönnt sich vor seinem Auftritt auch Trapezkünstler Lucian Anuta. Eigentlich soll er ja auf den Nachwuchs aufpassen - Söhnchen Guilliano und Tochter Juliana. Weil die Sprösslinge im vorderen Teil des Wohnwagens aber brav spielen, erlaubt sich Papa Lucian eine Verschnaufpause. Unterdessen verkauft Ehefrau Jani Popcorn an die eintreffenden Gäste, um wenig später ebenfalls am Trapez aktiv zu werden.
Allein der 18-jährige Tibor scheint in Gedanken schon in der Manege zu stehen. Aufgeregt massiert er sich hinter dem Zirkusvorhang die Hände. "Die Gelenke dürfen nachher nicht steif sein", erklärt der Jongleur und wirft ein paar Bälle in die Luft. Die Arbeitsteilung im Zirkus macht auch vor dem fingerfertigen Artisten nicht halt. Nachdem der Geschicklichkeitskünstler mit fliegenden Reifen, Fußbällen und Keulen Applaus geerntet hat, versucht er sich an einer Ponydressur. Die Vierbeiner kooperieren, Hauptsache die Belohnung stimmt. Für jedes Kunststück muss Tibor ihnen später Leckereien spendieren. Bis zur Vorstellung verbleiben nur noch fünf Minuten. Ein letztes Mal prüft Techniker Daniel Marian Licht und Ton. "Die Musik muss genau auf die Zirkusnummer abgestimmt sein", so die Chefin des Ensembles. Raubtier-Dompteur Horlitz eröffnet das Show-Programm. Er lugt durch den Vorhang: Unter der Kuppel des großen Viermastzeltes haben sich zur Premiere nur wenige Zuschauer eingefunden. Kein Wunder. Genauso ruhig wie die Vorbereitungen verlaufen die Auftritte in der Manege. Der "Circus Baronn" präsentiert an diesem Nachmittag dem Publikum ein Programm, das wie der Regen draußen so dahinplätschert.