Zeitz Zeitz: Alleine in der Welt der Männer
ZEITZ/MZ. - Wenn Marleen Kuhnt derzeit aus dem Fenster schaut, wünscht sie sich manchmal, sie würde in einem warmen Büro sitzen. "Das ist teilweise schon ungemütlich, die Autos in die Werkstatt zu fahren oder sie freizukratzen, wenn es schneit und kalt ist", sagt die 20-Jährige. In solchen Momenten grübelt sie kurz, ob sie nicht doch lieber eine Ausbildung zur Bürokauffrau hätte machen sollen.
Aber diese Momente sind selten. Marleen fühlt sich in ihrem Beruf als Kfz-Mechatronikerin pudelwohl. Das zeigen auch ihre Leistungen. Anfang der Woche erhielt sie als einzige Frau des Jahrgangs nach abgeschlossener Berufsausbildung ihren Gesellenbrief. Und das als Jahrgangsbeste. Als Belohnung winkte ihr ein Arbeitsvertrag in ihrem Ausbildungsbetrieb Automobile Baumann in Zeitz. Dass sie einmal in einer Männerdomäne arbeiten will, das stand für Marleen schon früh fest. "Es war schon zu Hause immer so, dass meine beiden Schwestern der Mutter im Haushalt geholfen haben und ich war bei meinem Vater in der Werkstatt." Dort wurde ihre Leidenschaft für Autos, Motoren und Technik geweckt. Den passenden Ausbildungsplatz fand die junge Frau aus Hirschroda bei Automobile Baumann. Fündig wurde sie über eine Zeitungsannonce. Dort stand, dass die Ausbildung gut sein soll. Für Marleen eine Herausforderung: "Ich habe mir gedacht, wenn die so gut sein wollen, können die ruhig auch mal ein Mädchen ausbilden." Eine Einstellung die in ihrem künftigen Ausbildungsbetrieb ankam, wie sich Geschäftsführer Gilbert Baumann erinnert: "Wir hatten drei Lehrstellen zu vergeben und etwa 80 Bewerber. Marleen hat uns überzeugt." Sie sei die erste Frau überhaupt gewesen, die in der Geschichte des Autohauses ausgebildet wurde. Damit verbunden waren kleine Schwierigkeiten, mit denen vorher niemand gerechnet hatte. "Zum Beispiel haben wir nur eine Dusche und keinen separaten Umkleideraum für Frauen", so Baumann weiter. Mittlerweile ist alles gelöst worden und Marleen ist wichtiger Teil des Teams, auch wenn bei den männlichen Kollegen vor allem zu Beginn ihrer Lehre ein wenig Skepsis geherrscht habe. "Inzwischen komme ich mit den Männern im Team gut aus und werde voll akzeptiert", sagt Marleen, der vor allem die elektronische Diagnose von Fehlern im Auto liegt. Eine weitere Qualifizierung schließt die junge Frau nicht aus.
Ob Marleen vorerst die einzige Frau in seinem Autohaus bleibt, das weiß Gilbert Baumann noch nicht. "Aktuell suchen wir neue Lehrlinge. Bislang sind erst wenige Bewerbungen eingegangen und darunter war keine Frau."