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Wohnen am Werk Wohnen am Werk: Diese Nachteile befürchten die Anlieger der Gärtnerstraße

Von Angelika Andräs 16.03.2019, 17:00
Die Gärtnerstraße, die im Foto rechts vertikal verläuft, befand sich schon immer in Nähe von Industrieanlagen, heute nahe der Zeitz Guss (Mitte).
Die Gärtnerstraße, die im Foto rechts vertikal verläuft, befand sich schon immer in Nähe von Industrieanlagen, heute nahe der Zeitz Guss (Mitte). Andreas Stedtler

Zeitz - Dicke Luft in der Zeitzer Gärtnerstraße: „Wir sind die Eigentümer von Häusern in der Gärtnerstraße. Wir wohnen seit Jahren auf diesen Grundstücken und wussten bisher, dass wir zu einem Wohn-Mischgebiet zählen. Nun stellt sich heraus, dass wir seit 2015 zu einem Gewerbegebiet (G18) zählen und davon keinerlei Kenntnis haben“, heißt es in einem Brief, den die Anwohner an alle Stadträte schickten.

Zudem gebe es jetzt einen Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes Nummer 83, in dem die Stadt Zeitz den gesamten Bereich in ein Industriegebiet umwandeln wolle. „Für uns als Eigentümer bedeutet das, dass unsere Grundstücke wertlos werden und wir keinerlei Möglichkeiten mehr haben, auf unseren Grundstücken bauliche Veränderungen vorzunehmen.“

Aufstellung des Bebauungsplanes in Zeitz ist nötig

Die Aufstellung des Bebauungsplanes ist nötig, falls die Zeitzer Guss GmbH, das Unternehmen, das erfolgreich auf dem Gelände der ehemaligen Zemag produziert, eine Erweiterung vornehmen will. Doch dazu sind offensichtlich dringende Gespräche und Informationen nötig.

„Wir als Eigentümer hätten erwartet, dass wir zu diesem Thema informiert werden. Es ist sehr bedauerlich für uns, dass wir von der Stadt übergangen werden. Wir sind die Bürger der Stadt Zeitz!“ Die MZ hat sich an die Stadtverwaltung gewandt und mit Andreas Exler (FWZ), Vorsitzender des Bauausschusses, gesprochen. Im folgenden sollen die wichtigsten Fragen beantwortet werden.

Wie sind die Flächen tatsächlich ausgewiesen?

Der aktuelle, rechtsgültige Sachstand ist, dass die betroffene Fläche laut geltendem Flächennutzungsplan (FNP) vom 23. Mai 2015 als „G18 Gewerbliche Baufläche mit Vorkehrungen vor schädlichen Umwelteinwirkungen (Lärmschutz)“ ausgewiesen ist. Die Ergänzung „mit Vorkehrungen vor schädlichen Umwelteinwirkungen (Lärmschutz)“ dient dem Schutz der Anwohner. Die angrenzende Fläche G17, auf der die Zeitzer Guss GmbH Investitionen plant, ist als Industriegebiet ausgewiesen, ist also eine „Gewerbliche Baufläche G 17“.

Was würden Änderungen für die Bürger bedeuten?

Änderungen würde es nur geben, wenn die Aufstellung des Bebauungsplanes beschlossen wird. Es gibt zwei Varianten, die Stadtverwaltung bevorzugt eine Variante: Die Fläche G 18 wird in den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 83 einbezogen und planerisch berücksichtigt.

Das hätte den Vorteil, so sieht es auch Andreas Exler, dass im Rahmen des Rücksichtnahmegebots Maßnahmen zum Schutz der Einwohner über das Verursacherprinzip finanziert werden. Das bedeutet, für die Kosten von Schutzmaßnahmen müsste in diesem konkreten Fall die Zeitzer Guss aufkommen. Solche Maßnahmen könnten Grünstreifen, Lärmschutzwände und ähnliches sein, so Exler.

Außerdem biete die Einbeziehung der G-18-Fläche in den Bebauungsplan die Chance, den vorhandenen städtebaulichen Konflikt (siehe Punkt 5) geordnet zu regeln - auch zugunsten der Anwohner. Denn im Verlauf von Bebauungsplanverfahren besteht die Möglichkeit, Vor- und Nachteile herauszufinden. „Es gibt ja dann das öffentliche Beteiligungsverfahren“, erläutert Exler, „dort können dann Probleme und Einwände benannt werden.“ Eine umfangreiche Bürgerbeteiligung sei verpflichtend, bestätigt Pressesprecherin Sophie Schlehahn. Die Bestandsschutzgarantie für die Wohnhäuser bleibe bestehen.

Welche andere Möglichkeit gäbe es denn?

Die Fläche G18 kann auch aus dem Geltungsbereich des B-Plans herausgenommen werden und ist dann nicht Teil des Planungsverfahrens. Auch hier gelten natürlich Rücksichtnahmegebot und Bestandsschutzgarantie für die Wohnhäuser. Allerdings können die Schutzmaßnahmen für die Einwohner dann nicht über das Verursacherprinzip finanziert werden.

Wie ist die aktuelle Beschlusslage?

Der Bauausschuss hat am 15. August 2018 der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens in der ersten Variante einstimmig zugestimmt. Am 31. Januar 2019 hat der Hauptausschuss der Einleitung des Verfahrens zugestimmt unter der Voraussetzung, die Fläche G 18 aus dem Geltungsbereich des B-Plans herauszunehmen (zweite Variante). Nun muss der Stadtrat entscheiden.

Was würde es bedeuten, wenn der Stadtrat die Einleitung des B-Planverfahrens nicht beschließt?

Das hätte aus Sicht der Stadtverwaltung negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Zeitz, da Rahmenbedingungen für Investitionen, die der Stadtrat bereits am 22. Juni 2017 beschlossen hat, nicht geschaffen werden können.

Der bereits jetzt vorhandene städtebauliche Konflikt von industrieller Nutzung eines Grundstücks einerseits und anschließender Wohnbebauung andererseits würde sich nicht gelöst werden. Das kann nur in städtebaulichen Planungen, wie einem Bebauungsplanverfahren, geschehen. (mz)