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Verletzt und fast verhungert Verletzt und fast verhungert: So oft holt das Veterinäramt Tiere aus Wohnungen

Von Angelika Andräs 14.12.2016, 06:00
Vor allem Katzen werden immer wieder aus Wohnungen geholt und dann im Tierheim untergebracht.
Vor allem Katzen werden immer wieder aus Wohnungen geholt und dann im Tierheim untergebracht. Hartmut Krimmer

Zeitz - Immer wieder heißt es, wenn Tiere aus dem Zeitzer Tierheim vermittelt werden sollen, dass es sich dabei um einen „Einzug des Veterinäramtes“ handelt. Was sich dahinter verbirgt, schildert eine Zeitzer Familie aus ihrer Sicht. „Unser Hund ist voriges Jahr einfach weggenommen worden. Nachbarn, die uns sowieso schon immer ärgern wollten, hatten uns angezeigt, weil der Hund oft und lange gebellt hat.“

Allerdings räumen sie auch ein, dass sie den Hund schon mal übers Wochenende alleine gelassen haben. Doch haben sie damit tatsächlich ihre Pflichten als Halter vernachlässigt? Oder wurde der Hund grundlos eingezogen?

Ohne Grund werden keine Tiere aus der angestammten Umgebung gerissen

Ohne Grund werden keine Tiere aus der angestammten Umgebung gerissen. Dafür stehen Veterinäramt und Tierschutzverein. Es müssen schon bestimmte Gründe vorliegen. Einer ist Tierquälerei, ein anderer grobe Vernachlässigung. Rund 100 Tiere werden jedes Jahr aus Privathaushalten im Burgenlandkreis eingezogen. Wie sieht das konkret aus, das wollte die MZ von der Leiterin des Veterinäramtes, Andrea Krüger, und der Vorsitzenden des Zeitzer Tierschutzvereins, Eva-Maria Bauer, wissen, um Hintergründe zu verdeutlichen und Irrtümer zu beseitigen.

Ist das Beschlagnahmen oder Einziehen von Tieren gesetzlich geregelt?

Ja, das ist es. In Paragraf 16 des Tierschutzgesetzes. Ausschlaggebend ist das Gutachten des Behörden-Tierarztes. Der muss feststellen, dass der Halter die Anforderungen nachweislich nicht erfüllt. Das bedeutet: erhebliche Vernachlässigung oder schwerwiegende Verhaltensstörungen. Diese weitreichenden Kompetenzen erfordern ein hohes Maß an Ermittlungsarbeit und eine zuverlässige Einschätzung durch den Amtstierarzt - in Zusammenarbeit mit dem Tierschutz vor Ort - denn es bedeutet eine große Verantwortung gegenüber den Tieren, aber auch gegenüber den Menschen, die sie halten. Denen wird aber, wenn sie gesprächsbereit sind, auch vermittelt, warum sie ihr Tier verlieren.

In welchen konkreten Fällen greift das Veterinäramt des Burgenlandkreises ein?

Mehrere Hauptgründe führten beziehungsweise führen zur Einziehung des oder der Tiere. In Sachen Tierschutz erfolgt es aufgrund von Vernachlässigung in Bezug auf Haltung, Fütterung und Pflege. Allerdings kommen auch krankheitsbedingte Eingriffe vor, wenn der Eigentümer nicht mehr in der Lage ist, das Tier zu versorgen. Ein weiterer Grund ist der Tod des Eigentümers. Aber auch das Zurücklassen von Tieren und der Wegzug des Eigentümers ohne seine Tiere sind Gründe für einen Einzug durch das Amt. Eine Haftstrafe des Tierhalters kann ebenfalls dazu führen.

Wie viele Tiere werden eigentlich vom Veterinäramt des Burgenlandkreises eingezogen?

Im Jahr 2016 wurden bisher aus Privathaushalten folgende Tiere eingezogen:

Hunde: 12

Katzen: 18

Kaninchen: 15

Hühner: 28

Enten: 2

Schafe: 4

Minischwein: 1

Meerschwein: 5

Welche konkreten Fälle kommen da zum Beispiel vor?

Hunde wurden zum Beispiel eingezogen, weil sie nur in den Zwinger gesperrt waren, keinen Auslauf und keine Beschäftigung, erst recht keine Erziehung und Ausbildung hatten. In einen anderem Fall waren die Hunde stark vernachlässigt, hatten Wunden, waren unterernährt. Auch vernachlässigte, deutlich unterernährte Katzen mussten in diesem Jahr vom Tierheim aufgenommen werden. Für Schlagzeilen sorgte bereits der Fall des Minischweins.

Welche Pflichten hat ein Tierhalter zu erfüllen?

Im Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes sind die Grundsätze für eine ordnungsgemäße Tierhaltung definiert. Dort heißt es: Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen

darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden

muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

Wer greift bei Verstößen gegen Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes ein?

Handelt es sich um ein strafbares Verhalten, ist die Staatsanwaltschaft zuständig. Handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, liegt die Zuständigkeit bei der Verwaltungsbehörde, im Burgenlandkreis beim Veterinäramt. Wichtig zu wissen: Es gibt keinen Straftatbestand Tierquälerei im Strafgesetzbuch. Gültig ist das Tierschutzgesetz. Dort wird unterschieden zwischen strafbarer Handlung - es ist strafbar, ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund zu töten oder ihm anhaltend oder sich wiederholend erhebliche Schmerzen oder Leiden zuzufügen - oder Ordnungswidrigkeit. Eine solche liegt vor, wenn gegen die Vorschriften ordnungsgemäßer Tierhaltung verstoßen wird.

Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt und das Tierheim Zeitz

Das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Burgenlandkreises befindet sich Am Stadtpark 6 in Weißenfels. Amtstierärztin ist Andrea Krüger. Das Amt kümmert sich um alles, was mit Tieren zu tun hat von Arzneimitteln über Seuchen bis zur Hygieneüberwachung oder Lebensmittelüberwachung.

Der Tierschutzverein Zeitz hat Ansprechpartner im Tierheim an der Tröglitzer Straße. Vorsitzende ist Eva-Maria Bauer. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz können hier ebenso wie beim Amtstierarzt gemeldet werden. Ausgesetzte und eingezogene Tiere finden im Tierheim oder seinen Pflegestellen Aufnahme und werden in der Regel tierärztlich betreut und aufgepäppelt und dann zur Vermittlung freigegeben.  And

Ansprechpartner: Veterinäramt, Telefon 03443/372301; Tierschutz Zeitz, Telefon 03441/219519

Mehr Informationen findet man auch im Internet auf www.burgenlandkreis.de oder auf www.tierheim.zeitz.de (mz)