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Skandal um Stadtwerke Zeitz Verdacht: Polizisten sollen Fußballspiele, bezahlt von den Zeitzer Stadtwerken, besucht haben.

Von Gert Glowinski und Sebastian Münster 16.12.2016, 08:00

Halle (Saale)/Zeitz - Die Führung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd ist im Krisenmodus. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) überlässt die Aufklärung der Vorwürfe gegen mehrere Polizisten - auch hochrangiger - seiner Behörde in Halle.

Deren Präsidentin, Christiane Bergmann, wartet nun auf die Stellungnahmen der betroffenen Beamten. Klar ist: Polizeibedienstete sind zu Fußballspielen nach Gelsenkirchen gereist. Und klar ist auch: In Sachsen-Anhalt ist Polizisten grundsätzlich die Annahme von Belohnungen und Geschenken untersagt.

Dienstreise-Argument von Ex-Geschäftsführer der Stadtwerke Zeitz,  Andreas Huke, wirkt unglaubwürdig

Am Horizont zieht eine Affäre auf, die so manchen Polizisten seinen Job kosten könnte. Im Revier Burgenlandkreis tuscheln die Kollegen über die Reisen ihrer Vorgesetzten in die Veltins Arena - auch sie sind auf die Begründungen für die kostspieligen Ausflüge gespannt. Und haben Fragen: Wer hat die Reise bezahlt, wer die Übernachtung und die Tickets für die Bundesligaspiele auf Schalke? Dass es sich praktisch um Dienstreisen gehandelt haben soll, bei denen sich die Beamten von den Gelsenkirchenern die Absicherung von Fußballspielen abgucken sollten, wie der Ex-Geschäftsführer der Stadtwerke Zeitz Andreas Huke behauptet, glauben nur wenige. Zumal es nicht bei einer Reise geblieben ist. Nach MZ-Informationen sind hochrangige Beamte gleich mehrfach zu Fußballspielen gereist.

Sollen das etwa auch „Weiterbildungen“ gewesen sein, die in der noblen Zwölf-Personen-Loge mit eigenen Kellern und Buffet im Stadion stattgefunden haben? Einige der Beamten haben bereits ihre Stellungnahme nach Halle in die Polizeidirektion geschickt, öffentlich will niemand auf die Anfragen der MZ antworten. Auch nicht der wohl prominenteste Beamte, dessen Name im Zuge der Affäre fällt: Ralf K. leitet derzeit den Führungsstab in der halleschen Direktion und gilt als rechte Hand der Polizeipräsidentin.

Auch bereits pensionierte Beamte sollen beteiligt gewesen sein

Betroffen sind aber auch Polizisten, die gar nicht mehr im aktiven Dienst sind. Zum Beispiel ein leitender Beamter, der früher im Burgenlandkreis eingesetzt war und am Ende seiner Laufbahn in einer Schlüsselposition in der Polizeidirektion in Halle gearbeitet hat. Er war vor zwei Jahren pensioniert worden. Oder ein langjähriger Polizeisprecher, ebenfalls in Rente.

Wie viele Polizeibeamte genau an den Schalke-Reisen teilgenommen haben, ist noch nicht bekannt - nach MZ-Informationen sind es aber mehr als eine Hand voll. Auf Bildern, die zu einer umfangreichen Stellungnahme gehören, und die von Huke und seinem Anwalt an Staatsanwaltschaft, Gesellschafter, Aufsichtsräte und weitere Beteiligte geschickt worden ist, sind mehrere Polizisten zu erkennen. Viele Gesichter tauchen auf „Erinnerungsfotos“ auf, die zu unterschiedlichen Reisen gehört haben müssen.

Mit diesen Schritten gehen die Stadtwerke Zeitz gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer, Andreas Huke, vor

Indes planen die Stadtwerke Zeitz, Strafanzeige gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer Andreas Huke zu stellen. Das bestätigte ein Sprecher der Gelsenwasser AG, die zu rund einem Viertel Miteigentümer der Stadtwerke Zeitz ist. Seit November geht die Staatsanwaltschaft Halle Untreue-Vorwürfen gegen den Ex-Chef des Versorgungsunternehmens nach. Bislang waren aber alle Anzeigen anonym eingegangen.

Seit Wochen ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei den Zeitzer Stadtwerken damit beschäftigt, den Anschuldigungen nachzugehen, die ein Ex-Mitarbeiter gegen den abberufenen Chef Andreas Huke erhoben hat. Geprüft wird nach MZ-Informationen, ob die Fahrzeugflotte der Stadtwerke von Unbefugten auf Einladung des Geschäftsführers genutzt worden ist, sowie ob und wie ehemalige Dienstwagen der Stadtwerke in den Besitz Angehöriger und Bekannter Hukes gelangt sind. Klären soll die Betriebsprüfung auch, ob Privatausflüge als Dienstreisen verbucht worden sind.

Huke lässt Kündigung nicht auf sich sitzen

Der entlassene Ex-Chef selbst hat gegen seine Kündigung geklagt und sich dafür die Unterstützung des prominenten Anwalts Peter-Michael Diestel gesichert. Der Jurist und letzte Innenminister der DDR geht nach eigenem Bekunden weiter davon aus, dass es nichts gibt, was Andreas Huke zur Last gelegt werden könnte. Der Untreue-Verdacht gegen den langjährigen Stadtwerke-Chef sei unbegründet. Sämtliche Vorwürfe, die Huke gegen seinen Ex-Arbeitgeber erhebt, entstammten einer Stellungnahme, die offenbar an die Presse gelangt ist.

Das Zeitzer Versorgungsunternehmen hat nach der Entlassung seines skandalumwitterten Geschäftsführers am Donnerstag eine Transparenz-Offensive angekündigt. Demnach sollen neue Regelungen für Compliance, Reisekosten und die Nutzung von Dienstwagen „etwaiges Fehlverhalten von Anfang an verhindern“, so Ko-Geschäftsführer Lars Ziemann. (mz)