Tschernobyl-Kinder Tschernobyl-Kinder: Duo bringt Freude ins Haus
Raba/MZ. - Mascha, die Dunkelhaarige mit den warmen braunen Augen und die blonde Dascha mit dem verschmitzten Blick gehören schon mit zur Familie. Wenn die Gastmutter von ihnen erzählt, leuchten ihre Augen. "Die Rasselbande" bringt so viel Freude ins Haus. Das fängt schon bei der Verständigung an. Gesprochen wird russisch, englisch und mit Händen und Füßen. Dorothea Hentschel, ihre beiden Kinder und Mascha und Dascha sind ein eingespieltes Team. Überhaupt die Kinder. Ohne die wäre der Kontakt zu den Krebskranken gar nicht zustande gekommen. Antje, die Medizin studiert und Felix, der als Fligth-Inspektor auf Flughäfen zum Einsatz kommt, sind im letzten Jahr beim Zeitungslesen auf die Tschernobylkinder gestoßen. Zwei Mädchen waren übers Wochenende noch zu vergeben. "Mutti, die bringen wir auch noch unter", meinte der Hentschel-Nachwuchs. Und so kamen Mascha und Dascha ins Haus. Völlig verschüchtert. "Gegessen haben sie auch nicht viel", spricht die rührige Gastmutter. Doch schon damals konnte man den 17-jährigen Mädchen mit jeder noch so kleinen Geste eine große Freude machen.
"Die beiden sind so unkompliziert und können so herzhaft lachen", schwärmt Frau Hentschel. Außerdem kommt einfach viel rüber. Kein Wunder, dass es da beim Abschied Tränen gab. Selbst bei den erwachsenen Kindern. "Mutti, du weißt ja nicht, wie die Menschen dort leben", sagte Felix. Der 28-Jährige kennt die beengten Wohn- und die ärmlichen Lebensverhältnisse aus seiner Studienzeit in St. Petersburg noch zur Genüge. Hentschels brachen den Kontakt zu den Mädchen nicht ab. Briefe gingen hin und her, und - zu besonderen Anlässen - auch Pakete. Jetzt ist die Familie glücklich, dass Mascha und Dascha bei ihnen wohnen. Nicht nur übers Wochenende, sondern ganze drei Wochen. "Nur an den großen Veranstaltungen nehmen sie gemeinsam mit den anderen teil", sagt Frau Hentschel.
In dem Eigenheim in Raba genießen die Mädchen die ländliche Idylle. Und manchmal ziehen sie sich einfach nur in ihr Zimmer zurück. Man merkt, dass sie das zu Hause nicht können. Im fernen Minsk teilen sie sich mit Eltern, Geschwistern und Großeltern eine kleine Drei-Raum-Wohnung, weiß die Gastmutter. Mascha und Dascha wollen genau so sein, wie andere Mädchen in ihrem Alter. Dabei versuchen sie die Krankheit zu verdrängen. "Sie erzählen nicht darüber, und ich frage auch nicht", sagt Dorothea Hentschel. Nur manchmal kann sie beobachten, wie sich die kunstbegeisterte Mascha in ein Stützkorsett schnüren muss, was der Gymnasiastin gar nicht behagt.
Frau Hentschel weiß um diese tückische Krankheit, die schleichend zum körperlichen Verfall eines Menschen führen kann. "Mein Mann ist an Krebs gestorben", spricht sie mit leiser Stimme. Auch deshalb engagiert sich die gesamte Familie, einschließlich Schwiegersohn Ralf, für die Kinder von Tschernobyl.