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Stabführer steht an der Spitze

Von Klaus-Dieter Kunick 28.11.2007, 19:01

Zeitz/MZ. - Die musikalische Seite dürfte Wolfgang Ulrich seinen Eltern verdanken. Bereits mit fünf Jahren schenkten sie dem Jungen eine Geige. Im Privatunterricht erhielt der Kleine das nötige Rüstzeug, mit der Geige auch umgehen zu können. Einige Jahre lang ging das ganz gut über die Bühne, bis es der finanzielle Spielraum der Eltern nicht mehr ermöglichte. Mittlerweile zehn Jahre alt, brauchte das Kind die Musik dennoch nicht an den Nagel zu hängen. Sein Cousin Karl Schumann nahm ihn irgendwann mit zum Spielmannszug. Immerhin gab es einst drei davon in Zeitz. "Ich war sofort Feuer und Flamme", erinnerte er sich.

Doch der heute 68-Jährige hat auch dunkle Seiten an seine Kindheitsjahre, die er nicht mehr erleben wolle. Dies sei die Zeit in den 40er Jahren gewesen, als sich der Krieg seinem Ende näherte. Tiefflieger bombardierten die Stadt. "Ich hatte furchtbare Angst", so Ulrich.

Lediglich 100 Meter von seinem Wohnort sei eine Bombe eingeschlagen, die einen riesigen Krater hinterließ. "Ausgerechnet an meinem Einschulungstag im April 1945 gab es Fliegeralarm", ergänzte er. Sein Großvater habe ihn darauf hin in den Keller gezogen.

Beruflich war sich Ulrich schnell im Klaren, was er werden wollte: Möbeltischler. Interesse am Holzberuf habe er von jeher gehabt. Schwierig sei es hingegen gewesen, eine Lehrstelle zu finden, bis sein Vater in der Firma Pucklitzsch in Zeitz eine ausfindig machte. Als diese Firma später volkseigen wurde, habe Ulrich kurzerhand zum Zimmermann umgeschult und jahrelang als Zimmerer und Verpacker in der Zemag gearbeitet.

Vom Spielmannszug konnte er zeitlebens nicht lassen. Bitter für ihn, als 1988 vorübergehend ein Schlussstrich gezogen wurde. Für Ulrich keine Frage, sich dem Klangkörper 1992 wieder anzuschließen. "Einige Spieler wollten der Stadt Zeitz, die ihr 1025-jähriges Bestehen feierte, ein paar Märsche darbieten", sagte Ulrich. Aber daraus sei eben mehr geworden: Der Spielmannszug gründete sich neu. Bereits 1982 hatte man dem Zeitzer die Stabführung angetragen. "Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen", ergänzte er. Es habe ein Wochenendlehrgang gefolgt und schon stand Ulrich, der zwei Söhne (40 / 44) und einen Enkel (16) hat, musikalisch an der Spitze des Zuges. Wenn Not am Mann sei, spiele er aber auch Flöte oder das Signalhorn. Einsätze habe es in diesem Jahr genug gegeben. "Das hält frisch", so Ulrich schmunzelnd.