1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zeitz
  6. >
  7. Sonderausstellung in der Moritzburg : Sonderausstellung in der Moritzburg : Das große Vorbild Erasmus

Sonderausstellung in der Moritzburg  Sonderausstellung in der Moritzburg : Das große Vorbild Erasmus

Von Angelika Andräs 14.10.2017, 10:00
Das berühmte Bildnis des Erasmus von Rotterdam ist in der Ausstellung zu sehen.
Das berühmte Bildnis des Erasmus von Rotterdam ist in der Ausstellung zu sehen. St. Paul im Lavanttal/Gerfried Sitar

Zeitz - Nur noch drei Wochen, dann schließt die Sonderausstellung „Dialog der Konfessionen. Bischof Julius Pflug und die Reformation“ in Zeitz ihre Pforten. Es ist nicht nur die Sonderausstellung der Vereinigten Domstifter und der Stadt Zeitz zum Reformationsjubiläum in diesem Jahr, sondern auch eine ganz besondere Ausstellung. Stellt sie doch mit Julius Pflug eine interessante Persönlichkeit in den Mittelpunkt, die bisher kaum im Fokus des Interesses stand.

Und Pflug wiederum war Erasmus von Rotterdam auf besondere Weise verbunden. Deshalb fehlt auch ein Porträt von ihm, geschaffen von Hans Holbein d.J., nicht. Das Bild erzählt gleich zwei Geschichten, denn sowohl Holbein, als auch Julius Pflug wurden wesentlich von Erasmus von Rotterdam beeinflusst.

Wichtige Begegnungen

Der Urheber des Porträts Hans Holbein der Jüngere gehört mit seinem Vater, Hans Holbein dem Älteren, zu den bedeutendsten Malern der Renaissance. „Mit seinem Bruder, ebenfalls Maler, zog er 1515 nach Basel“, erklärt Christin Buchheim, Mitarbeiterin Öffentlichkeitsarbeit bei den Vereinigten Domstiftern, „er traf dort auf den niederländischen Philologen und Philosophen Erasmus von Rotterdam, den er in den darauffolgenden Jahren mehrmals porträtieren durfte.“

Die Geschichte geht weiter: 1532 verließ Holbein Basel in Richtung England. Auf Vermittlung von Erasmus machte er die Bekanntschaft mit dem Humanisten Thomas More, der ihn König Heinrich VIII. vorstellte, der Holbein daraufhin zu seinem Hofmaler machte.

Hans Holbein der Jüngere und Bischof Julius Pflug haben eines gemeinsam

Hans Holbein der Jüngere und Bischof Julius Pflug haben demzufolge eines gemeinsam: Ihr Lebensweg wurde wesentlich durch Erasmus von Rotterdam beeinflusst. „Als einer der geachtetsten Gelehrten seiner Zeit, man nannte ihn den Fürsten der Humanisten, wurde der Theologe Erasmus von Rotterdam durch seine kirchenkritische Haltung zum Vorreiter der Reformation“, erläutert Christin Buchheim, „seine Anregungen wurden von den Reformatoren, unter anderem von Luther und Melanchthon, aufgegriffen und weitergeführt, aber auch radikalisiert.

Erasmus, der die Position Luthers kritisierte und gegenüber der radikalen Reformation auf Distanz ging, gab die Hoffnung auf eine Verständigung nicht auf und arbeitete darauf hin.“

Wichtiger Bezugspunkt

Erasmus von Rotterdam korrespondierte mit fast allen Herrschern und Päpsten seiner Epoche und wurde allseits für seine offenen Worte und den brillanten Stil bewundert. „Er selbst legte großen Wert darauf, sich durch Bildnisse in Erinnerung zu halten“, so Buchheim, „das wohl bekannteste dürfte jenes sein, das Holbein 1523 geschaffen hat, und welches sich heute in London in der National Gallery befindet.“

In eben jenem Erasmus von Rotterdam fand Julius Pflug einen bleibenden Bezugspunkt seiner Entwicklung und geistigen Orientierung. Aufgrund seiner intellektuellen Brillanz, seiner friedliebenden Einstellung und seiner zwischen den auseinanderdriftenden religiösen Parteien vermittelnden Haltung wurde Erasmus zum Vorbild für Pflug. „Erasmus selbst wies Pflug durch die Widmung seiner Schrift ,Liber de sarcienda ecclesie concordia“ (lateinisch „Buch über die Wiederherstellung der kirchlichen Eintracht“)’ den Weg seiner Lebensbestimmung: alles zu tun, um die Einheit der Kirche in Christus zu bewahren.“ Und er schätzte „die einzigartige Menschlichkeit“ Pflugs. Er sei „ein Mann von einer wunderbaren Reinheit der Seele“, „von einem auffallenden Geiste“, und „sein Wesen - ein Wohnort der Musen“.

Pflug war die Reformbedürftigkeit der Kirche bewusst

Pflug war die Reformbedürftigkeit der Kirche bewusst, doch hielt er eine radikale Abkehr nicht für den richtigen Weg. Vielmehr setzte er auf den Weg der schrittweisen Veränderung im Rahmen der bestehenden Strukturen. In diesem Sinne spielte er schon bald eine führende Rolle in den kirchlichen Reformbestrebungen und gestaltete aktiv die um Ausgleich bemühten Religionsgespräche mit.

Buchheim: „Mit seiner ganzen Kraft widmete er sich der Wiedervereinigung der verfeindeten Religionsparteien und kämpfte für die päpstliche Billigung von Priesterehe und dem sogenannten Laienkelch, also die Möglichkeit, auch als Laie innerhalb einer Messfeier geweihten Wein trinken zu dürfen.“ Nicht zufällig ist Julius Pflug heute noch der Vorreiter der Ökumene.

Pflug: Die Kirche muss reformiert, aber nicht eingerissen werden

„Konnte er auch die Trennung der Kirche nicht verhindern, so hat er sich durch seine christuszentrierte Theologie und seine Stärken im Dialog - Zuhören können, auf den Gesprächspartner zugehen, sachlich diskutieren, verlässlich sein - bleibende Verdienste erworben“, führt Christin Buchheim weiter aus, „seine Gedanken sind noch immer fruchtbar für eine ökumenische Perspektive.“ Pflug meinte dazu: „Die Kirche muss reformiert, aber nicht eingerissen werden, denn reformieren und die alte Kirche einreißen, sind zwei sehr verschiedene Dinge.“

Wer mehr zum Einfluss des Erasmus von Rotterdam auf ihn erfahren möchte, dem sei der Vortrag am Donnerstag, 19. Oktober, 19 Uhr im Festsaal von Schloss Moritzburg in Zeitz empfohlen. Der katholische Theologe Professor Dr. Peter Walter, der unter anderem als Berater der Kommission für Glaubensfragen der Deutschen Bischofskonferenz tätig war, spricht zum Thema „Erasmus von Rotterdam und sein Einfluss auf die Religionsparteien des 16. Jahrhunderts“.

››Alle Informationen zur Sonderausstellung gibt es im Internet auf: www.reformation-zeitz2017.de (mz)