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„Bergsiedlung“ in Zeitz Schulleiterin sagt nach 30 Jahren leise Servus und übergibt Staffelstab

Mädchen und Jungen starten in die Sommerferien. In der Bergsiedlung sagt ehemalige Chefin nach 30 Jahren leise Servus und übergibt Staffelstab.

Von Yvette Meinhardt 22.07.2021, 10:50
Die ehemalige Schulleiterin Karla Wiemer (rechts) übergibt den Staffelstab an ihre Nachfolgerin  Katharina Wagner.
Die ehemalige Schulleiterin Karla Wiemer (rechts) übergibt den Staffelstab an ihre Nachfolgerin Katharina Wagner. (Foto: Y. Meinhardt)

Zeitz/MZ - „Die Großen in unserer Schule werden in der neuen Schule wieder die Kleinen sein“, sagt Katharina Wagner. Die 31-Jährige ist nicht nur die Klassenleiterin einer 3. Klasse, sondern seit Mittwoch ganz offiziell die frisch gebackene neue Schulleiterin.

„Ich komme aus Leipzig, habe in Erfurt und Leipzig Pädagogik studiert und bin seit fünf Jahren an der Zeitzer Schule“, sagt Katharina Wagner. Sie unterrichtet Deutsch und Mathe, Sachkunde und Gestalten. „Ich habe mich bewusst für eine Schule im Burgenlandkreis entschieden, weil diese von Leipzig aus gut zu erreichen ist“, fährt sie fort. In die „Bergsiedlung“ habe sie sich sofort verliebt. „Es ist eine kleine Schule mit verwinkelten Räumen. Hier wollte ich nicht weg“, sagt die Schulleitern. Aber andererseits liebt sie auch das pulsierende Leben in Leipzig, geht gern ins Theater und zu Konzerten, mag Kino und die vielen schönen Parks.

„Wir mussten auf einen normalen Schulalltag verzichten“

Seit Februar führt sie bereits kommissarisch die Zeitzer Grundschule. 151 Mädchen und Jungen, neun Stammlehrer und zwei abgeordnete Lehrer gehören zum Team. „Wir mussten auf einen normalen Schulalltag verzichten, ihr konntet eure Lehrer und Freunde nicht sehen. Es gab keine Klassenfahrten“, erinnert Wagner an ein Jahr unter Bedingungen der Pandemie. Eltern seien Seelentröster und begleiteten ihre Kinder in dieser schweren Zeit, so dankte die Schulleiterin auch den Eltern für ihren Einsatz. Und trotzdem ließen sich die Kinder nicht entmutigen. Das zeigt sich nicht nur beim Lernen, sondern auch beim Altpapiersammeln. Knapp 5.700 Kilogramm trugen sie zusammen. Das meiste davon sammelte die Klasse 4a - nämlich 1.257 Kilo. Die fleißigsten Sammler wurden für ihren Eifer geehrt, das waren Jordan Seidel (739 Kilo), Konstantin Engel (710) und Jona Schreier (367). Der Erlös kommt der Schule zugute.

Letzter Schultag in der Grundschule Bergsiedlung: Die Viertklässler verabschieden sich mit der Jerusalema-Challenge  von ihrer Schule.
Letzter Schultag in der Grundschule Bergsiedlung: Die Viertklässler verabschieden sich mit der Jerusalema-Challenge von ihrer Schule.
(Foto: Y. Meinhardt)

Aufmerksam verfolgt Karla Wiemer die Ehrungen und das Abschlussprogramm der Viertklässler. „Euer Lied mit der Frage, muss ich denn wirklich schon gehen, hat mich bereits seit Ende Januar beschäftigt“, sagt Wiemer. Ihr ganzes Arbeitsleben hat sie in der Schule erbracht. „Zuerst war ich Schüler wie ihr, dann Student und schließlich Lehrer“, erzählt sie den Kindern. Und schon seit der Grundschule wollte sie unbedingt Lehrerin werden. Der Weg freilich war zu DDR-Zeiten ein anderer. Nach Abschluss der 10. Klasse ging sie an das Institut für Lehrerbildung (IfL) nach Weißenfels und lernte an dieser Fachschule den Beruf einer Unterstufenlehrerin. Danach kam sie zurück nach Zeitz, unterrichtet zunächst in der 2. Polytechnischen Oberschule (POS) in der Altenburger Straße und später in der neu gebauten 13. POS in Zeitz-Ost. Nach der Wende übernahm sie 1991 die Leitung der Grundschule in der Bergsiedlung.

„Ihr werdet mir alle fehlen“

„Mein Mann war bei meiner ersten Einschulung 1991 dabei, war zu Hause mein Zuhörer und meine Klagemauer“, erzählt Karla Wiemer. Und auch am letzten Schultag begleitete sie ihr Ehemann. 45 Jahre war sie Lehrerin, 30 Jahre davon Schulleiterin in der Bergsiedlung. „Ihr werdet mir alle fehlen. Ich war sehr gerne Lehrerin und habe keinen Tag in der Schule bereut“, sagt die Pensionärin. Das Loslassen werde ihr bestimmt nicht leichtfallen.

Juchhu endlich Ferien - so freuen sich die Drittklässler der Grundschule Bergsiedlung in Zeitz.
Juchhu endlich Ferien - so freuen sich die Drittklässler der Grundschule Bergsiedlung in Zeitz.
(Foto: Yvette Meinhardt)

Natürlich gab es Höhen und Tiefen. Nach der Wende habe es eine Euphorie und große Unterstützung, zum Beispiel durch Ilona Schneider im Zeitzer Schulamt, durch die Schulräte Sabine Radefeld und Wilmar Kabisch gegeben. Immer wieder wurden Schul- und Bildungsmodelle gewechselt. So gab es das Modell Schule mit festen und später mit verlässlichen Öffnungszeiten. Es gab jahrgangsübergreifenden Unterricht, dann wieder Schuleingangsphase und Förderzentrum mit integrativen Kindern. Auch eine Spezialklasse mit Lese-Rechtschreib-Förderung (LRS) gab es einmal.

„Das macht unsere Schule zu dem, was sie heute ist“

„Die schlimmste Nachricht für mich war im Juni vor drei Jahren als die Schule plötzlich geschlossen werden sollte. Doch damals haben die Eltern und die ganze Schulgemeinschaft bedingungslos für den Erhalt der Schule gekämpft und zusammengehalten. Das macht unsere Schule zu dem, was sie heute ist“, zieht Wiemer ihre eigene Bilanz. „Ihr werdet mir alle fehlen, doch ich weiß, dass meine geliebte kleine Schule bei meiner Nachfolgerin in guten Händen ist.“

Steffen Breuer, schulfachlicher Referent für Grund- und Förderschulen des Landesschulamtes, war auch zur Verabschiedung gekommen. Er spricht von einem Glücksfall, dass man in der Bergsiedlung nahtlos eine neue Schulleiterin gefunden habe.