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Rennofen spuckt ein Stück Eisen aus

Von Uta Kunick 24.08.2006, 17:25

Zeitz/MZ. - "Sie haben ja schon Ihre Haare versengt", spricht eine Besucherin zum ersten Ofentag in der Brikettfabrik Herrmannschacht zu Andreas Ohse. Doch der Mut-Chef lacht bloß, schiebt seine Mütze in den Nacken und gibt damit zugleich den Blick auf weitere schadhafte Stellen frei.

Was soll's? Das wächst eh alles wieder nach. Wer experimentiert, muss auch Opfer bringen, befindet Ohse. Und er opfert gern. Nicht nur Haare, wenn er zu tief in die Ofenöffnung schaut, sondern jede Menge Freizeit. Wie die anderen Mut-Vereinsmitglieder auch.

"Mit dem Bau des Ofens haben wir am Donnerstag vor einer Woche begonnen", sagt der Mut-Geschäftsführer zu den Vorbereitungen. Dabei griffen die "Ofenbauer" wie einst die Slawen auf Stroh, Lehm und Feldsteine zurück. Zuvor hatte Ohse in unterschiedlichen Archiven die verschiedensten Methoden zur Eisengewinnung studiert und alles komprimiert, was ihn zu der Überzeugung kommen lässt: Der Ofen ist optimal.

Und obwohl der Ofen eigentlich noch länger hätte ausglühen müssen, um das Wasser im Lehm auch in dem letzten Zwischenraum vollständig zu binden, speit das Teil aus der obersten Öffnung jede Menge Qualm. Der Rennofen, der so heißt weil die Schlacke aus der Öffnung aus dem Ofen in eine Herdgrube läuft beziehungsweise rennt, wurde in Vorbereitung des Ofentages zwölf Stunden mit Holz vorgeheizt. "Heute Morgen ging es 5.17 Uhr weiter", erzählt Ohse den Besuchern. Alles andere können diese an einer Tafel ablesen. 6.52 Uhr: erste Holzkohle, 7.30 Uhr: Wachzustand, 9 Uhr: erste Beschickung, 10.20 Uhr erste Schlacke gezogen.

Andreas Ohse und Albrecht Heinig lassen den Ofen nicht einen Augenblick aus den Augen. Immer wieder schauen sie durch die Öffnungen, wie es im Inneren glüht. 1200 bis 1400 Grad Celsius beträgt die Temperatur im Ofen, der von oben wechselschichtig mit Brennstoff und Eisenerz "gefüttert" wird. Das Eisenerz stammt aus der Kiesgrube Lössen bei Merseburg. Ohse nimmt einen Klumpen in die Hand. "So liegt es unter der Rasensohle", erklärt er. Um den Rennofen damit zu beschicken, muss das Eisenerz auf Nussgröße gebracht, erhitzt und geröstet werden.

Ab und zu ziehen Ohse und Heinig Schlacke aus einem 30 Zentimeter tiefen Kanal hervor. "Da ist Eisen drin", ist sich der Mut-Chef sicher. Zu jenem Zeitpunkt geht er davon aus, dass er später eine 12 Zentimeter große Eisenluppe aus dem Ofen befördert, der zu diesem Zweck zerschlagen werden muss.

Helmut Schmidt aus Zeitz schaut in den Mittagsstunden an dem Ofen vorbei. "Für mich ist es bewundernswert, welche Ideen und Fähigkeiten die Menschen damals entwickelt haben, um Eisen zu gewinnen", sagt der pensionierte Maschinenschlosser, der viele Jahre in der Fachgruppe Mineralogie mitwirkte. In Büchern hatte er sich schon dazu belesen. Nun kann er sich zum Ofentag ein lebendiges Bild darüber machen, wie das früher in der Praxis aussah.

Als Ohse am späten Nachmittag den Ofen zerschlägt, kommt ein Stück Schlacke zum Vorschein. Zwölf Zentimeter groß. Ein Magnet bestätigt, dass auch ein Stück Eisen gegossen wurde, was die Schaulustigen mit starkem Beifall honorieren. Ohse ist zwar nicht hundertprozentig zufrieden, hat aber im wahrsten Sinne des Wortes Feuer gefangen.

"Wir wollen den Prozess weiter optimieren und einen zweiten Rennofentag durchführen", sagt er. Dabei will sich der Verein auch auf Anregungen von Besuchern stützen, die das Spektakel zu Ohses Freude mit großer Begeisterung verfolgten.

Weitere Informationen unter

MUT Zeitz

Herrmannschacht