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Nach Hochhaus-Brand in London Nach Hochhaus-Brand in London: Droht auch Zeitz flammendes Inferno?

Von Angelika Andräs 03.07.2017, 10:08
Bei einem Brand im Londoner Hochhaus Grenfell Tower im Stadtteil North Kensington sind mehrere Menschen zu Tode gekommen.
Bei einem Brand im Londoner Hochhaus Grenfell Tower im Stadtteil North Kensington sind mehrere Menschen zu Tode gekommen. REUTERS

Zeitz - Fast alle Wohnhäuser in Zeitz sind mit dem leicht brennbaren Polystyrol gedämmt. Das ist gesetzlich zulässig, gilt doch dieser Dämmstoff offiziell in Deutschland als schwer entflammbar. Erst im vergangenen Jahr änderte sich das, als die Bauministerkonferenz nach eigenen Tests die Brandgefahr bei Wärmeverbundsystemen aus Polystyrol anerkannte, denn Styroporplatten fangen rasend schnell Feuer, und es breitet sich eben so schnell aus. Das zeigte sich auch bei dem verheerenden Hochhaus-Brand in London.

Künftig sind zusätzliche Brandriegel vorgeschrieben. Allerdings nur bei Neubau und Sanierung. Altbestände müssen nicht nachgerüstet werden.

Allerdings fordern mittlerweile Feuerwehr, Brandschutzexperten und Politiker bundesweit, dass Polystyrol als Dämmstoff auch bei Häusern unter 22 Metern verboten wird. Was bedeutet der aktuelle Zustand in Zeitz für die Bewohner?

Die MZ fragte die fünf großen Vermieter an. Drei haben geantwortet.

Wohnungsgenossenschaft eG 1. Mai: Hat 50 Prozent der Häuser ohne Polystyrol gedämmt.

„Der Brandschutz hat bei der Sanierung unserer Fassaden insbesondere in Zeitz-Ost immer eine große Rolle gespielt“, erklärt Vorstandsvorsitzender Karsten Bacza, „unser ehemaliger Technischer Leiter Arno Schuhknecht war und ist heute noch aktiv bei der freiwilligen Feuerwehr.“

Als Dämmmaterial kam bei rund der Hälfte des Bestandes in Zeitz-Ost nichtbrennbare Mineralwolle zum Einsatz. „Bei Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) mit expandiertem Polystyrolpartikelschaum (EPS) oder kurz Polystyrol kam schwerentflammbares Material der Baustoffklasse B 1 zum Einsatz“, so Bacza. Dies sei aus Brandschutzgründe bei Gebäuden bis 22 Meter vorgeschrieben.

Die „normalen“ Blöcke in Zeitz-Ost sind bis zu 18 Meter hoch. „Ich glaube mich erinnern zu können, dass es bei einem Giebelbrand in Zeitz-Ost aufgrund des schwerentflammbaren Materials nicht zu einem vollständigen Brand kam, sondern das geschmolzene Styropor mehr oder weniger von der Fassade tropfte.“

Im Zeitzer Hochhaus, dem über 30 Meter hohen Haus Zeitzblick der Wohnungsbaugesellschaft Zeitz (WBG), besteht keine Gefahr durch eine leicht entzündliche und brennbare Hülle. Für die Dämmung wurde hier Mineralwolle verwendet, das ist ein weicher Werkstoff aus künstlich hergestellten mineralischen Fasern. Egal, ob aus Glaswolle oder Steinwolle, diese Dämmstoffe sind sicher und brennen nicht. Das entspricht den gesetzlichen Vorgaben für Häuser über 22 Meter.  (and)

Waschbetonfassaden aus den späten 1980er Jahren sind nicht brennbar und wurden bei der Wohnungsgenossenschaft nicht zusätzlich gedämmt, da die Dreischichtenplatte bereits ausreichenden Wärmeschutz bietet. „Die Balkonbrüstungen mit nicht brennbaren Materialien, Trespa-Platten, schützen vor einem ungehinderten Brandüberschlag in die Wohnungen.“Darüber hinaus ist bei allen Wohnungen gesichert, dass eine Evakuierung mit der in Zeitz vorhanden Technik der Feuerwehr möglich ist. „Für Häuser mit Wohnungen, die nur von einer Seite zu evakuieren sind, wurden seinerzeit Feuerwehrzufahrten gebaut.“

Wohnungsbaugesellschaft mbH (WBG): Hat nach gesetzlichen Vorgaben saniert.

„Ich meine, unsere Mieter müssen sich keine Sorgen machen“, sagt Kerstin Hubeny, Leiterin der Wohnungswirtschaft der WBG, „unser Gebäudebestand ist brandschutztechnisch nach den gesetzlichen Vorgaben saniert.“ Dort, wo es erforderlich war, um die Mieter im Falle eines Brandes ungehindert retten zu können, seien zum Beispiel auch Feuerwehrzufahrten gebaut worden, unter anderem im Bereich der Rosa-Luxemburg-Straße, auch in Zeitz-Ost. Und sie ergänzt: „Sollten andere gesetzliche Regelungen in Kraft treten, wird die WBG mbH selbstverständlich entsprechend reagieren.“

Zeitzer Wohnungsgenossenschaft eG (ZWG): Hat nur drei komplett gedämmte Häuser.

„Wir sind von diesem Thema zwar sehr berührt, aber zum Glück nicht so sehr betroffen“, erklärt Vorstand Jens Blasel, „denn wir haben nur drei komplett gedämmte Gebäude und ansonsten sind nur die Giebel gedämmt, wo größtenteils keine Fenster sind.“ Ansonsten seien alle Wohnungen mit Rauchwarnmeldern ausgestattet, die ja auch gesetzlich vorgeschrieben sind. „Zum anderen machen wir regelmäßig Hausbegehungen und achten besonders auf die Einhaltung der Hausordnung, wo es unter anderem auch um das Freihalten der Fluchtwege geht“, so Blasel. Auch er sagt: „Sollte es zu einer Verschärfung der Vorschriften kommen, werden wir versuchen, schnellstmöglichst darauf zu reagieren. (mz)

In den 1990er Jahren und nach 2000 wurden viele Blöcke in Zeitz-Ost saniert (Foto) und erhielten dabei auch eine Wärmedämmung. Die besteht zum großen Teil aus Styropor, das als schwer entflammbar eingestuft war. Das ist nicht so, zeigen nun Tests und der verheerende Brand in London.
In den 1990er Jahren und nach 2000 wurden viele Blöcke in Zeitz-Ost saniert (Foto) und erhielten dabei auch eine Wärmedämmung. Die besteht zum großen Teil aus Styropor, das als schwer entflammbar eingestuft war. Das ist nicht so, zeigen nun Tests und der verheerende Brand in London.
Hartmut Krimmer