Nach Brand in Tagewerben Nach Brand in Tagewerben: Blitzschlag verändert das ganze Leben
Tagewerben/MZ. - "Wir dachten eigentlich das Gewitter ist vorbei. Meine Frau öffnete gerade die Fenster. Ich saß vor dem Fernseher. Plötzlich krachte es, und mit einem Schlag war alles dunkel. Der Fernseher war aus, der Strom weg, das Telefon ging auch nicht mehr", erinnert sich Joachim Müller an den schlimmsten Tag in seinem Leben. Plötzlich stand Nachbar Dietmar Löffler in seinem Hof und schrie, die Scheune brennt. "Ich dachte zuerst an unsere beiden Pferde, versuchte sie herauszuholen", sagt Müller. Doch die Tiere waren von dem mächtigen Schlag vollkommen verstört, scheuten das Feuer und ließen sich kaum ein Halfter umlegen. Schließlich gelang die Rettung, das Pony und der Haflinger flüchteten in Nachbars Vorgarten. Wie besessen rannte Müller hin und her, fuhr nacheinander Auto, Traktor und Hänger vom Hof. Die Scheune brannte lichterloh. "Ein glühendes Strohnest rutschte runter, ganz knapp an mir vorbei", beschreibt der 57-Jährige. Seine Frau verharrte wie gelähmt auf dem Hof: "Ich stand da und konnte gar nichts machen, man will helfen und kann nicht. Ich konnte einfach nur noch weinen. Eine Nachbarin nahm mich in den Arm und führte mich ins Haus."
In Windeseile war die Feuerwehr zur Stelle. Robert Sommer von der Jugendwehr hatte die Sirene ausgelöst, die Männer waren bereits im Gerätehaus, die Bürgermeisterin hatte wegen der Unwetterwarnung Bereitschaft ausgelöst. Unterdessen griff die Nachbarfamilie bereits zum Gartenschlauch und versuchte über den Balkon einen Löschangriff. "Eigentlich hatten wir noch Glück, dass kein großer Wind ging, sonst wäre wohl der ganze Hof abgebrannt", wagt Helga Müller kaum zu denken. Die Scheune war bis unters Dach mit frischem Heu gefüllt. Sechs Fuhren mit dem kleinen Traktor, eine Woche harte Feldarbeit. Alles für die Katz'. Die Scheune brannte in Sekundenschnelle.
Voller Ehrfurcht sprechen die Müllers von der Feuerwehr, gut 40 Männer aus Tagewerben, Reichardtswerben und Weißenfels waren in jener Nacht im Einsatz. Frau Müller blieb nur das Kaffeekochen, 13 Kannen wurden es in der nicht enden wollenden Nacht. Die Feuerwehr blieb zur Brandwache. "Ich war 48 Stunden auf den Beinen, war aufgewühlt und fand keine Ruhe", sagt die 54-Jährige.
Schon in der Nacht setzte in der Friedensstraße eine ungewöhnliche Welle der Solidarität ein. Nachbarn nahmen am Schicksal teil. Es hätte schließlich jeden treffen können. "Manche, die ich nur vom Guten-Tag-Sagen kenne, standen plötzlich auf dem Hof und fassten mit zu", erzählt der Hausherr. Die eigentliche Arbeit begann Freitag und Sonnabend. Die Scheune wurde ausgeräumt, schwelende Heu- und Strohballen, verkohlte Schlitten, Überreste von Werkzeugen, Halfter, Pferdewagen, Gartengeräten. "Wir hatten noch nicht mal mehr eine Mistgabel auf dem Hof, alles verbrannt", fährt Müller fort. Die Nachbarn halfen aus und packten zu, brachten Stroh und Heu für die Pferde, Bagger und Kran, Traktor und jede Menge Handwerkszeug. Die Müllers sprechen voller Dankbarkeit.
Was aus der alten Scheune wird, steht noch in den Sternen. Das Dach war neu gedeckt, die Wände frisch verputzt. "Auf jeden Fall brauche ich einen Unterschlupf für meine Pferde", blickt Müller in die Zukunft und wartet auf den Gutachter der Versicherung.