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Mosterei stellt den Betrieb ein

Von Uta Kunick 20.05.2008, 16:48

Zeitz/MZ. - "Mein Mann hat seine grüne Hosen noch nicht abgelegt", sagt Renate Burkard und lächelt verschmitzt. Damit spielt sie auf die Arbeitsbekleidung von Michael Burkard an.

Auch wenn die Mosterei in der Steintorvorstadt seit dem 30. April für immer geschlossen hat, gibt es für den Chef des Unternehmens noch viel zu tun. Auf dem Hof warten zig Paletten gestapelt mit Kisten voller leerer Mostflaschen, der ehemalige Verkaufsraum muss vollständig ausgeräumt werden und irgendwann steht der Abbau der Maschinen an, was Burkard am meisten schmerzt.

"Vier Jahre habe ich gezielt nach einem Nachfolger gesucht", erzählt der 67-Jährige. Doch meistens sei es an der Finanzierung gescheitert. Jetzt sind die Burkards froh, dass den Lohnmostkunden wenigstens eine Dienstleistung vor Ort erhalten bleibt. Die Firma Weinkelterei Frank Schauß aus Markranstädt / Geithain will ab Juli voraussichtlich an zwei Tagen in der Woche in dem ehemaligen Verkaufsraum der Kelterei in der Steintorvorstadt Beeren, Kirschen, Äpfel und Quitten wie gehabt annehmen und Most ausgeben. Mit der Schließung der Burkardschen Mosterei geht zugleich ein Kapitel in der Familiengeschichte zu Ende.

"Mein Vater Heinrich übernahm 1948 die Süßmost-Kelterei von Otto Schindler", erzählt Michael Burkard über den Anfang. Süßmostschindler hatte seinen Sitz in der Altenburger Straße / Ecke Hospitalstraße und fing ganz klein an. Mit einer Handpresse und einem größeren Waschbecken zum Flaschen waschen. Mehr brauchte auch Heinrich Burkard nicht. Zwei Jahre später erfolgte der Umzug in die Steintorvorstadt, auf den ehemaligen Wirtschaftshof der Villa Naether. Die "Erste Zeitzer Süßmost-Kelterei" entstand und Inhaber Heinrich Burkard kaufte erst einmal eine größere Presse.

Dass Sohn Michael in die Fußstapfen des Vaters trat, ist wohl das Verdienst der Deutsch-Lehrerin. "Wir mussten in der achten Klasse einen Aufsatz zum Thema 'Mein Berufswunsch' schreiben", erinnert sich Burkard Junior, dem nichts anderes einfiel als Süßmoster. Damit "nagelte" ihn der Vater fest. Michael Burkard lernte zwei Jahre in Gotha, legte seinen Facharbeiter ab und nahm später an der Ingenieurschule für Lebensmittelindustrie in Gerwisch ein Studium in der Fachrichtung Obst- und Gemüseverarbeitung auf. Hier lernte er seine Frau Renate kennen, die ihm später nach Zeitz folgte.

Burkard kam mit dem Ingenieurabschluss in der Tasche in der Mosterei, die mittlerweile als Heinrich Burkard KG mit staatlicher Beteiligung lief, als Abteilungsleiter zum Einsatz. "Dass mein Vater als gelernter Buchhalter das Unternehmen weiter führt, war staatlicherseits nicht gewollt."

Als die Mosterei eine Abteilung vom VEB Ogis Zeitz wurde, sei es immer öfters zu fachlichen Streitereien gekommen. Burkard zog die Konsequenzen und suchte sich in Gera Arbeit. Erst kurz vor der Wende kehrte er zu Ogis zurück. "Vielleicht weil ich damals geahnt habe, dass sich bald etwas ändert", begründet er den Schritt. Mit der Wende stellte Heinrich Burkard den Antrag auf Rückübertragung des Betriebes, der ab Dezember 1990 privat von Sohn Michael weiter geführt wurde. Die Rückübertragung erlebte der Senior allerdings nicht mehr. Die Bearbeitung zog sich über viereinhalb Jahre hin.

"Wir hören nicht auf, weil es sich mit der Mosterei nicht lohnt, sondern weil wir Rentner sind", sagt Michael Burkard. Mit Eintritt in den verdienten Ruhestand wollen sich die Burkards Zeit nehmen für Dinge, die in ihrem Leben bisher zu kurz gekommen sind: für den 1000 Quadratmeter großen Garten, für den Haushalt und für Besuche bei den inzwischen drei erwachsenen Kindern in Berlin.

Auch bei den Zeitzer Volleyballfreunden 76 e.V. wollen sie in altbewährter Form aktiv mitmischen und den Mittwoch als Saunatag beibehalten.