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Kleinste Gemeinde mit Ortsbürgermeister Kleinste Gemeinde mit Ortsbürgermeister: In Pirkau fühlt man sich nicht abgehängt

Von Meike Ruppe-Schmidt 16.08.2018, 05:00
Roland Meuche ist Pirkaus Ortsbürgermeister.
Roland Meuche ist Pirkaus Ortsbürgermeister. René Weimer

Pirkau - Die kleine Ortschaft zwischen Feldern und Wäldchen hat zwar nur 60 Einwohner. Doch sie alle tragen ihre Heimat im Herzen. Selbst wenn die Pirkauer in weiter Ferne Urlaub machen, schicken sie ihrem Ortsbürgermeister Roland Meuche meistens eine Postkarte. „Inzwischen sind es über 200 Exemplare“, sagt der 51-Jährige stolz. In seiner sogenannten „Amtsstube“, dem Beratungsraum in seiner Holzbaufirma, hat er sie aufgehängt.

Hier tagt Meuche regelmäßig mit seinen vier Ortschaftsräten. Das Besondere: Pirkau ist die kleinste Ortschaft im Burgenlandkreis und die zweitkleinste in Sachsen-Anhalt, die einen ehrenamtlichen Ortsbürgermeister und einen Ortschaftsrat hat. Gerade einmal zwölf Häuser stehen hier aufgereiht an einer einzigen Straße. „Früher gab es noch einen Konsum-Verkauf“, erinnert sich Meuche.

Anwohner müssen zum Einkaufen nach Theißen oder Zeitz fahren

Heute müssen die Anwohner zum Einkaufen nach Theißen oder Zeitz fahren. „Manche behaupten deshalb, wir seien hier abgehängt“, erklärt der Unternehmer. „Doch wir fühlen uns nicht so.“ Im Gegenteil: „Bei uns ist der Zusammenhalt noch sehr groß. Wir kennen uns, helfen uns untereinander und passen aufeinander auf.“

Dass man diese Gemeinschaft im Ort so schätzt, liegt vielleicht an der bewegten Historie. „Das alte Pirkau, welches ursprünglich zu Döbris gehörte, musste wie viele Orte hier nach dem Krieg den Kohlebaggern weichen“, erzählt Meuche. Folge: Die Menschen verloren ihr Zuhause. Eine Heimat fanden viele von ihnen in dem neuen Pirkau, das 1951 offiziell gegründet wurde. „Wir waren der letzte Ort, der zu DDR-Zeiten komplett wieder aufgebaut worden ist.“ Und auch der letzte Ortsteil, der von der einstigen Gemeinde Döbris übrig geblieben ist. „Deshalb haben wir bis heute einen eigenen Ortschaftsrat “, erklärt Meuche.

Pirkau: Interessen der Einwohner stehen an oberster Stelle

Geht es nach ihm, soll das so bleiben - zumindest solange es die Pirkauer möchten. „Denn so haben wir ein Gremium, das unsere Interessen bei der Stadt Zeitz kundtut.“ Natürlich fliegen dabei auch mal die Fetzen, wie in jeder Familie. „Letztendlich stehen aber die Interessen der Einwohner an oberster Stelle.“

Einer von ihnen ist Michael Kretzschmar. „Ich habe in den USA studiert und bin ganz bewusst in meine Heimat nach Pirkau zurück gezogen“, sagt der 32-jährige Landwirt. Grund: „Hier lebt meine Familie. Die Nähe zu ihr ist mir wichtiger als Anerkennung durch den Job. Mir gefällt es, dass das Dorf eine gewachsene Gemeinschaft ist. Hier stört es niemanden, wenn bei einer Party mal laute Musik läuft.“

Ortsbürgermeister von Pirkau: „Im Durchschnitt sind unsere Einwohner relativ jung“

Zum Beispiel bei den beiden Hochzeiten und Polterabenden, die in den letzten Wochen hier gefeiert wurden. „Im Durchschnitt sind unsere Einwohner relativ jung“, erklärt Meuche. In den sechs Bauerngehöften leben allesamt junge Familien mit Kindern. Zwar gebe es im Dorf keine eigenen Vereine mehr, seit man die Ortsfeuerwehr aufgrund personeller und finanzieller Zwänge in den 90er Jahren aufgegeben hat. Dafür nutzen die Leute das Angebot an Sport- und Freizeitvereinen im drei Kilomter entfernten Nachbarort Nonnewitz.

„Auch gemeinsame Ausflüge ins Kino oder Theater nach Zeitz finden regelmäßig statt.“ Eine gute Straßenanbindung ist deshalb Lebenselixier für die kleine Ortschaft. Mit zwei Landwirtschaftsfirmen, einer Autoschlosserei und Meuches Holzbau-Firma hat Pirkau zwar auch eigenes Gewerbe vor Ort. Die meisten Einwohner pendeln jedoch zur Arbeit nach Zeitz, Weißenfels und Gera. Kretzschmar: „Mein Wunsch ist ein besserer Ausbau der Radwege. Dann könnten die zehn Kinder, die hier im Ort leben, mit dem Fahrrad zur Schule nach Nonnewitz fahren, wie wir früher.“

Die Jugend in Pirkau zu halten, obwohl ihr die Welt offen steht, ist großes Ziel von Roland Meuche und seinem Ortschaftsrat. „Der Aufwand, den wir in unserer Freizeit erbringen, lohnt sich“, versichert er. Und er zeigt dabei auf die rund zwanzig Postkarten auf seinem Tisch, die allesamt noch auf ihren Platz an der Wand warten. Karten, die zeigen wie sehr den Pirkauern ihre Heimat am Herzen liegt. (mz)