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Gewerbe seit 1965 in Bornitz Gewerbe seit 1965 in Bornitz: 73-jährige Friseurin bekommt goldenen Meisterbrief

Von Magdalena Kammler 05.11.2015, 07:00
Die Friseur-Meisterin Karin Beitler begeistert sich in ihrer Freizeit für den Oldtimer ihres Mannes.
Die Friseur-Meisterin Karin Beitler begeistert sich in ihrer Freizeit für den Oldtimer ihres Mannes. Hartmut Krimmer Lizenz

Bornitz - An ihre erste Kundin erinnert sich die Meisterfriseurin Karin Beitler noch heute: Marta Markgraf, Dezember 1965. Mit einem Alpenveilchen begrüßte sie damals ihre erste Besucherin im frisch eröffneten Geschäft in Bornitz. Auch jetzt als Rentnerin legt die 73-Jährige ihre Schere nicht ganz bei Seite. Ab und zu schneidet sie langjährigen Stammkunden aus der Umgebung die Haare. In diesem Jahr jährt sich Karin Beitlers absolvierte Meisterprüfung zum 50. Mal. Aus diesem Grund verlieh die Handwerkskammer Halle ihr und weiteren Friseuren der Region nun den goldenen Meisterbrief.

„Private Betriebe waren nicht erwünscht“

Einen eigenen Friseurbetrieb in der DDR zu eröffnen, war nicht einfach. „Nach langem Ringen habe ich meinen Weg in die Selbstständigkeit gefunden“, erklärt die gebürtige Theißenerin. Erst eine Genehmigung vom Kreis und der Einsatz der damaligen Bürgermeisterin Inge Linke, zusammen mit Gemeindevertretern, ermöglichten der Friseurin ihr eigenes Geschäft in Bornitz. Denn ein privat geführter Friseurladen gehörte nicht zur Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH). „Private Betriebe waren nicht erwünscht damals“, ergänzt Ehemann Erich Beitler. Er selbst hat auch den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt - nach der Wende. Seine Kfz-Werkstatt gründete er direkt neben dem Friseursalon seiner Frau. Seit 1999 führt nun der gemeinsame Sohn den Betrieb des Vaters weiter.

Engpässe bei Haarspülungen

Als Karin Beitler ihr Geschäft öffnete, gab es keine staatliche Förderung wie heute. Es dauerte zudem mehrere Monate, bis dann die Genehmigung erteilt wurde und die Friseurin ihre Arbeit aufnehmen konnte. Manchmal gab es Materialengpässe, zum Beispiel bei Haarspülungen. Aber das gehörte nicht zur Tagesordnung. „Es war eine schöne Zeit“, erinnert sich die 73-Jährige. Schnell wurde sie von den Bornitzern aufgenommen. Ein Männerhaarschnitt kostete bei ihr damals 95 Pfennige, eine Dauerwelle 15 Ostmark. Sie war ihre eigene Chefin und musste sich niemandem unterordnen - „außer dem ,Finanzamt’“, bemerkt die Meisterfriseurin lachend.

Selbstständig in der DDR

Karin Beitler hat den Laden gerne geführt und organisierte bis zur Geburt ihres zweiten Kindes alles selbst. Mit Tochter Ines und Sohn Oliver arbeitete sie dann in Teilzeit weiter. Vor zwölf Jahren ging sie in Rente, der Friseurladen blieb. Seitdem verpachtet die Meisterin das Geschäft an einen anderen Betreiber und genießt ihre freie Zeit mit der Familie. Karin Beitler ging mit 23 Jahren in die Selbstständigkeit und das als Frau in den 1960er Jahren der DDR: eine Herausforderung und zugleich eine Leistung, eine meisterliche! (mz)