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Geschäftsleben Geschäftsleben: Pendler zwischen den Ländern

Von Heike Riedel 23.03.2004, 20:21

Quesitz/Lützen/MZ. - Ob Unternehmerverband, Innung, Handwerkskammer oder Industrie- und Handelskammer - die für seinen Betrieb zuständigen Einrichtungen haben ihren Sitz in Sachsen. Die Gewerbesteuern fließen nach Markranstädt.

Doch von der Einkommenssteuer profitieren auch Orte in Sachsen-Anhalt. Ein Drittel der im Autohaus Beschäftigten hat seinen Wohnsitz dort. Die Kunden kommen in der Mehrzahl aus der nahe gelegenen Großstadt Leipzig. Doch in die andere Richtung ist das Einzugsgebiet territorial sehr breit. Über die Landesgrenze hinaus reicht auch das Sponsoren-Engagement. "Der Auto-Mieth kann nicht nee sagen", hat sich in Lützen rumgesprochen, wo Feuerwehr, Martzschparkverein und Karnevalsclub, Schützengilde und natürlich der Sportverein, in dem Mieth selbst noch Tischtennis spielt, Unterstützung erhalten. Für die Markranstädter Fußballer ist die Quesitzer GmbH Hauptsponsor.

Doch wird Wolfgang Mieth jetzt immer öfter gezwungen, nach dem Woher zu fragen. Vor zwei Jahren hatte er seine Unterschrift schon unter einen Lehrvertrag gesetzt, da musste er erstmals erfahren, dass der Schützling aus Sachsen-Anhalt nicht an der sächsischen Berufsschule ausgebildet werden kann. Mieth hatte beim Schulamt erst eine Ausnahmegenehmigung durchzukämpfen.

27 Bewerbungen lagen in diesem Jahr vor - wieder von diesseits und jenseits der Landesgrenze. Ob die Erfahrung der Schwierigkeiten aus der Vergangenheit die Entscheidung für einen sächsischen Azubi begünstigt hat? "Wir schauen zuerst auf die Leistungen", hebt der Geschäftsführer aber hervor.

Und der beste Sachse war mindestens gleichwertig dem besten Sachsen-Anhalter - laut Zeugnis. Den Zensurenspiegel zu lesen, wurde dem Geschäftsmann aber schwer gemacht. Denn die Bemerkungen A-Kurs oder B-Kurs unter den Noten der Hauptfächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Physik auf den Zeugnissen der Sachsen-Anhalter waren ihm fremd. Es stellte sich heraus, dass der Abschluss im B-Kurs mit einem "normalen" in Sachsen gar nicht vergleichbar ist, eine 2 von der Schule in Lützen also viel weniger wert sein kann als die 2 der Schule in Markranstädt.

Was zunächst sicher ist: Einen Lehrling stellt das Autohaus alljährlich ein. Denn warum sollte Mieth diese "Gewohnheit" abstellen, wenn gerade erwogen wird, eine Ausbildungsplatzabgabe zu erheben. Er will sich aber nicht einschränken lassen in der Auswahl der Bewerber. Bei Weiterbildungsmaßnahmen erwartet er für die Übernahme eines Praktikanten, dass dieser selbst beziehungsweise der Bildungsträger die Hürde der Landesgrenze ausräumt. Vor einiger Zeit war es schon mal Lützener Jungen und Mädchen verboten, ihr Schulpraktikum im Autohaus hinter der Landesgrenze zu absolvieren.