Freude über vier Jahre Knast
Naumburg. - Gestern Vormittag verließ ein glücklicher Mann in Handschellen das Amtsgericht Naumburg. Zuvor war er zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Das genau wollte er - wenn nicht sogar ein noch höheres Strafmaß. Der Angeklagte hat das Urteil sofort angenommen, es ist damit rechtskräftig. Neben den vier Jahren hat er weitere anderthalb aus einer Vorstrafe abzusitzen, auch das ist ihm recht. Der 52-Jährige aus Thale hat bereits sechs Jahre in der JVA Naumburg wegen versuchten Mordes und schwerem Raub verbracht. Er war 2002 vorzeitig entlassen worden. Aber die Freiheit ist ihm nicht gut bekommen, wie er gestern vor Gericht sagte, "Ich war als Knasti abgestempelt, habe keine Arbeit bekommen, fühlte mich als Mensch dritter Klasse."
In der JVA hingegen habe er seine Arbeit, sein Auskommen und gute Bekannte gehabt. "Also versuchte ich dahin zu kommen, wo es mir gut ging", erläuterte er. "Die sechs Jahre Knast sind die schönsten meines Lebens gewesen", setzte er hinzu. Noch in der JVA habe er seiner Psychologin angekündigt, dass er alles tun werde, um wieder gesiebte Luft atmen zu können. Am 1. November letzten Jahres fuhr er nach Naumburg und mietete sich bis 19. November in fünf verschiedenen Hotels und Pensionen ein, ohne zu bezahlen. Aber diese Betrugshandlungen reichten nicht für den Knast, also musste noch ein Raubüberfall her. Den versuchte er in einem Spielwarengeschäft. Er bedrohte die Inhaberin mit einem Messer und forderte Geld. "Ich hätte auch zugestochen", kommentierte das der Verurteilte. Geistesgegenwärtig wehrte die Frau jedoch den Angriff ab und begann laut zu rufen. Der Mann ergriff die Flucht. Die Hoffnung, dass nun die Polizei auftaucht, um ihn zu verhaften, erfüllte sich nicht.
Nach Tagen des vergeblichen Wartens ging der Mann zum Polizeirevier und fragte nach, ob ein versuchter Raub angezeigt wurde. War er nicht. Am 19. November kam es schließlich zur Verhaftung. Der gelernte Schlosser war sofort geständig und kam in Untersuchungshaft - wie gewünscht in seinen Lieblingsknast in Naumburg. Dort bleibt er nun auch sitzen, denn die Untersuchungshaft wurde nicht ausgesetzt.
Im Plädoyer forderte der Staatsanwalt vier Jahre Haft. Der Angeklagte hatte dem nichts entgegenzusetzen. Das Schöffengericht folgte im Urteil dem Antrag des Staatsanwalts und entsprach somit den Wünschen des Angeklagten. Damit hat dieser für die nächsten Jahre Ruhe vor der bösen Welt da draußen, in der jeder die Freiheit hat, sich selbst zu kümmern. Die Kosten für den kostenlosen Knastaufenthalt trägt der Steuerzahler: Rund 108 000 Euro für vier Jahre.