Ex-Kosmetikfabrik am Wasserberg Ex-Kosmetikfabrik am Wasserberg: Kunst in der Zitza-Ruine

Zeitz - Zeitzer können an diesem Wochenende auf eine besondere Entdeckungsreise gehen. Sie haben die Möglichkeit, dem einstigen und seit Jahren leer stehenden Zitza-Werk am Wasserberg einen Besuch abzustatten. Und dabei gibt es nicht nur eine Industriebrache zu entdecken, sondern auch Kunst. Kunst, zu der zehn Frauen und Männer, sie stammen fast alle aus Holland, von eben dieser Industriebrache inspiriert worden sind.
Fünf Wochen haben die Künstler jetzt im Rahmen des Projekts Ipihan in der einstigen Kosmetikfabrik gelebt, campiert und gearbeitet, haben ihrer Kreativität freien Lauf gelassen. Nun stellen die Künstler die Ergebnisse ihres Wirkens der Öffentlichkeit vor. Dabei sind bei weitem nicht nur gefegte und vom Schutt beräumte Hallen zu sehen. Ipihan ist die Abkürzung von If Paradise Is Half As Nice. Auf Deutsch: Wenn das Paradies auch nur halb so schön ist.
Ein Cyanometer ist ein historisches Messgerät
Esther Kokmeijer beispielsweise liebt das Wasser in all seinen möglichen Aggregatszuständen und den Himmel, der das Meer überspannt. Dieser Liebe gibt sie mit einer Installation Ausdruck. Sie ist etwa 25 Meter lang und einen Meter breit. Und sie stellt praktisch ein ausgerolltes Cyanotmeter dar. Ein Cyanometer ist ein historisches Messgerät, das einem Farbkreis gleicht, und mit dem sich das Himmelsblau bestimmen lässt.
Das Farbspektrum reicht dabei von Weiß bis fast Schwarz. Schon Alexander von Humboldt arbeitete damit. Esther Kokmeijer hat ihre Installation mit Materialien entstehen lassen, die sie im einstigen Zitza-Werk gefunden hat. An die tausend verschiedene Teile hat sie aufgereiht - Lampenschirme, Kanister- und Kanisterteile zum Beispiel oder Plastikfolien. Ein anderer Künstler hat mit der Rolle des Aufzugs im Gebäude und mit den angrenzenden Räumen und mit den Durchgängen gespielt. Dabei geht es auch darum, wie Licht auf bestimmte Elemente fällt.
Nach jedem Schritt gibt es eine neue Sicht auf die Dinge
Willem Besselink beispielsweise haben es Säulen in einem anderen Raum des Gebäudes angetan. Er hat ihre Form mit Holzleisten nachgebaut und diese Säulen wiederum schwebend im Raum installiert. Angeordnet sind sie wie eine Spirale. Damit, so Besselink, wolle er die Betrachter einladen, sich durch den Raum zu bewegen. Und nach jedem Schritt gibt es eine neue Sicht auf die Dinge. Ties Ten Bosch möchte mit seiner Arbeit auch provozieren und dazu anregen, über Archive nachzudenken und zu diskutieren.
Denn im alten Zitza-Werk entdeckten die Künstler ein Archiv an Unterlagen von einstigen Mitarbeitern. Ein Teil davon ist nun in einem Spind deponiert. Einen anderen Teil hat Ten Bosch mit Wasser und Mixer zu einem Brei verarbeitet, um neues Papier zu schöpfen. Die quadratischen Blätter, deren Farbe der des Fußboden ähnelt, hat er abgeheftet und auf den Beton in einem Raum ausgelegt.
„Drei Tage sauber machen ist das Reinigen von Raum und Kopf“
Die kunterbunten Graffiti, die sich im Raum befanden, hat er mit Schwarz, Grau und Weiß nachgemalt, so dass eine farbliche Harmonie entsteht. Dass er neues Papier entstehen lässt, habe auch eine Symbolik, so Ten Bosch. Alte Informationen gibt es nicht mehr, die Seiten können neu beschrieben werden. Bevor er mit seinem Kunstprojekt begonnen hat, habe er den Raum dafür drei Tage lang sauber gemacht. „Drei Tage sauber machen ist das Reinigen von Raum und Kopf“, sagt Ten Bosch.
Besuchern raten die Künstler, zum Rundgang festes Schuhwerk anzuziehen. Weil es durchaus die eine oder andere Stolperfalle geben könnte wird davon abgeraten, beim Laufen zu filmen oder zu fotografieren. Und, so Besselink, es wäre schön, wenn die Besucher dem jetzigen Zustand des Areals zumindest die Erkenntnis zukommen lassen würden, dass es durchaus interessant ist - „auch wenn es nicht mehr so ist wie es mal war und noch nicht so ist wie es mal sein könnte“.
››Die Ausstellung im einstigen Zitza-Werk wird am Freitag eröffnet. Von 15 bis 20 Uhr gibt es Situationskunst zu erleben, es gibt Essen, Trinken und Party im Hof. Sowohl Samstag als auch Sonntag werden Besucher durch die Ausstellung geführt. Führungen beginnen jeweils 13, 15 und 17 Uhr. Für Samstag sind 14 und 16 Uhr Lesungen des Eigentümers Rainer Hartl geplant. (mz)
