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Eierbetteln in Leißling Eierbetteln in Leißling: «Das Wunder von Leißling»

Von Yvette Meinhardt 07.06.2004, 16:38

Leißling/MZ. - "Kuweit erobert Leißling, wir bringen Öl statt Mineralwasser", verkündet Scheich Hanska und zieht genüsslich an seiner Wasserpfeife. Das erste Mal seit Jahren gehören Tiere wieder zum Straßenbild. Das Dromedar lehrt so manchem das Fürchten und sucht gelegentlich seine eigenen Wege mitten durch das Publikum.

Doch die Karawane zieht weiter, und lässt die Haineburg mächtig wanken. Mit kiloschweren Wurfgeschossen zielen die Ritter auf Burgvoigt und Burgfräulein Gertrüde, die Rüde. Ein Heidenspektakel, vor allem als der ursprüngliche Medizinball durch Melonen und Bonbons ersetzt wird. Klaus Müller bedient das Wurfgeschoss, eine selbst gebaute "Blide", einem Original der Runneburg nachempfunden. Die Konstruktion ist äußerst schwierig. "Es kommt auf die Länge des Wurfarmes, des Seiles, das Gewicht des Flugobjektes und den Haken an", erklärt Müller die Kompliziertheit. Die Massen interessiert dies wenig. "Stürmt die Burg" heißt das Motto. Und tatsächlich, das nächste Geschoss fliegt gut 60 Meter durch die Lüfte und kracht mitten in den Turm. In dessen Schatten hat sich gerade der Strohbär geflüchtet. 60 Seile Stroh sorgen dafür, dass er sich nicht mal setzen kann. Zu zweit legen die Männer ihn nieder, um der Kultfigur ein Päuschen zu verschaffen. Der alte Schlachtruf "Ührüuh" klingt schon etwas kläglich. Triefender Schweiß von innen, ein paar Flaschen Mineralwasser von außen sorgen für Abkühlung.

Der Strohbär, einer der Helden von Leißling. Hier versteckt sich Jan Müller, der Präsident von SG Fortuna Leißling. Die Fußball-Elf lässt sich an diesem Tage feiern. Sie schaffte das Wunder von Leißling, den Aufstieg in die Landesklasse. Die Fans toben und lassen ihre Helden hoch leben. Die haben eh schon hoch oben im blau-weißen Wagen Platz genommen und genießen die Party.

Mächtig sportlich geht es unterdessen bei den Extremsportlern zu. Dandy Mc Crash fliegt beim Bungee-Jumping durch die Lüfte, für alte Seilschaften natürlich ohne Seil! Zwei weibliche Tennisasse kämpfen um den "Großen Preis von Leißling". Auf insgesamt sechs Bühnen ist sprichwörtlich der Teufel los. Zuschauermagnet natürlich auch der alte Holzmichel. "Ja, er lebt noch", singt immer wieder ein vielstimmiger Chor.

"Ich bin zum ersten Mal beim Eierbetteln in Leißling und von der tollen Stimmung überrascht. Ich glaube, ich habe bisher was verpasst", sagt Bernd Herrmann aus Weißenfels. Und während Bürgermeister Bernd Ringmayer am Straßenrand steht, lassen die Blinden die Kommunalpolitik mächtig hoch leben. Leißling, wohin gehst du, zu Weißenfels, Teuchern, Hohenmölsen. . . das Glücksrad soll es entscheiden.

"Es kommt darauf an, in jedem Jahr mit einer neuen Kostüm-Idee zu überraschen. Und natürlich darf es dabei keine Wiederholung geben", verrät Klosterbruder Ludwig Günther. In diesem Jahr ist er mit seiner Truppe EC 7 zum 30. Mal dabei. Noch ein Grund mehr zum Feiern. Die Männer lernen dem Kyffhäuser das Laufen, und in der Höhle sitzt Kaiser Barbarossa persönlich. Wochenlang haben sie an ihrem Wagen gebaut. Schlag 18 Uhr mischen sie sich unter Schlafwandler und zweibeinige Schweine, kreischende Babys und bunte Piraten, Japaner und Chinesen. Einfach wunderbar. Der Festumzug ist der Höhepunkt des Tages.