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Christophorusschule Droyßig Christophorusschule Droyßig: Die Glocke bimmelt wieder am Turm

Von Karin Großmann 21.05.2003, 17:51

Droyßig/MZ. - Ein solche Glocke hat schon vor 50 Jahren da gehangen und wurde noch immer benutzt, wenn der Strom ausfiel. Vor einem halben Jahrhundert hat der Droyßiger Günter Koschig in dem altehrwürdigem Gemäuer gemeinsam mit 60 weiteren Jugendlichen an der so genannten Heimoberschule sein Abitur gemacht. 36 von ihnen feierten zum Stiftungsfest ihr goldenes Abitur. Von der Entwicklung der Bildungsstätte angetan, schenkten sie der Christophorusschule die Glocke. "Ich muss gestehen, es ist nicht das Original. Das verschwand anfangs der 90er Jahre", sagt Koschig. Ansonsten habe man sich anhand von Fotodokumenten mit der Ersatz-Bimmel und der neu gebauten Überdachung an das Original gehalten.

Heimoberschule / Landesheimschule war die heutige Christophorusschule von 1947 bis 1956. Koschig, der Droyßiger Heimatvereinsvorsitzende, hat die Geschichte in einer Ausstellung aufgearbeitet. Sie ist in der Heimatstube im Kavaliershaus zu sehen. "Das war auch der Treffpunkt für die goldenen Abiturienten", sagt er. Da traf man sich und unterhielt sich über die eigene Schulzeit, die so lange zurückliegt. Auch Koschig weiß eine Episode nach der anderen zu erzählen. "Ich war damals eigentlich ein Exot", sagt er. Während die ehemalige Mädchenschule auch für Jungen geöffnet wurde und in der Internatsschule junge Menschen zusammenkamen, die in den Kriegs- und Nachkriegsjahren nur unregelmäßig Unterricht hatten, wohnte Koschig nicht mit ihnen unter einem Dach, sondern zu Hause in Droyßig.

Für die Internatsschüler allerdings übernahmen die Lehrer nicht nur den Unterricht, sondern auch Elternstelle. Die Ernährung spielte eine Rolle. Von sechs Schnitten zum Abendbrot ist die Rede. Ältere Droyßiger wissen, dass die Heimoberschule bevorzugt beliefert wurde. An die Küchenchefin Fräulein Hamann, sie stammte aus Ostpreußen, dachten die goldenen Abiturienten mit Hochachtung zurück.

Die Idee, die alten Mitschüler aus der Heimoberschule wieder zu treffen, hatte eigentlich "Männe" Eberhard Stöckel, Professor in Halle, im Jahr 2001. Er organisierte für seine Klasse ein Treffen. Nachgemacht hat es ihm das Ehepaar Karen und Klaus Stöckel in diesem Jahr. Da kamen nicht nur 36 Mitschüler, sondern auch der damalige Schulleiter Ernst Machacek. Und die Einzige, die die Reifeprüfung mit Auszeichnung bestand, Inge Brandt, geborene Kuhn, hielt die Dankesrede der goldenen Abiturienten. Den weitesten Anreiseweg hatte Anita Young, geborene Schmelzer. Sie kam aus Utah / USA.

Manche Damaligen kannte man nur noch mit Spitznamen. Andere erkannte man schnell. "Der hat seine Macken behalten", hieß es dann, schmunzelt Koschig. Man erinnerte sich aber nicht nur an Unterricht und Verpflegung von damals. Heimoberschule hieß auch, die Nachmittage bei Sport und Kultur zu verbringen. Für Bachfestspiele wurde bis zum Umfallen geprobt, meinte Koschig. "Ich kann das heute noch singen." Und Horst Huppe, der Musiklehrer wurde, spielte bei der Festveranstaltung zum Stiftungsfest ein Stück von Bach auf dem Klavier. Auch das Goethejahr beging man 1949.

Sie ist nachvollziehbar geworden, die Geschichte der Droyßiger Anstalten. Koschig selbst hat sie in den Droyßiger Blättern erscheinen lassen und lässt die Ausstellung zum Zeitabschnitt Heimoberschule für Interessierte an der Geschichte noch einige Zeit in der Heimatstube stehen. Und bei solchen Treffen taucht auch immer neues Fotomaterial auf. Dieses Mal ist es ein Tanzstundenbild von damals, das die Ausstellung bald erweitern wird. Ob es allerdings noch einmal ein solches Treffen mit seinen Mitschülern gibt, glaubt er kaum. 68 und älter sind sie, manche sind bereits verstorben, andere krank. Doch Koschig hat Kontakte aufgefrischt. "Wenn ich im Urlaub bin und einer in der Nähe wohnt, werde ich ihn bestimmt besuchen", hat er sich vorgenommen.